Herr Haidostian, können Sie unseren Leserinnen und Lesern beschreiben, wie die Menschen in Beirut und im Libanon in diesen schwierigen Zeiten leben und sich fühlen?
Paul Haidostian: Es herrscht überwiegend eine Atmosphäre der Angst. In den letzten anderthalb Monaten befindet sich der Libanon in einem Krieg, der sich nicht auf die Grenze beschränkt. Es werden neue Technologien eingesetzt, die das ganze Land betreffen. Im Alltag im Libanon hören die Menschen Bomben oder israelische Drohnen. So werden sie ständig daran erinnert, dass sie sich im Kriegszustand befinden. Noch einschneidender und trauriger sind die Vertreibungsbewegungen innerhalb des Landes. Wir haben 1,2 Millionen Menschen, die von einem Teil des Libanon in einen anderen Teil des Libanon vertrieben worden sind. Das ist eine große Herausforderung. Für diejenigen, die kommen, weil sie ihr Zuhause verloren haben, und für diejenigen, welche die Geflüchteten in den meisten Fällen mit Gastfreundschaft empfangen.
Wie leben Menschen in dieser ständigen Angst?
Das ist eine interessante Frage. Als der Krieg begann, hörte das «normale» Leben auf. Doch nach ein paar Wochen beschlossen die Libanesen, ihr Leben weiterzuführen. Zunächst begannen beispielsweise die Schulen mit dem Online-Unterricht. Letzte Woche sagten sie dann: «Selbst wenn es Krieg gibt, werden wir unsere Kinder zurück in die Klassenräume bringen, wo es relativ sicher ist.» Die Menschen wollen Normalität. Ja, es gibt einen Krieg. Aber die Menschen versuchen, ihr Leben so normal wie möglich zu leben.