51 Medaillen hat Kathrin Brodmann bei sich zu Hause. «Und ich glaube, dass es in Zukunft noch mehr werden», sagt die 30-Jährige mit Down-Syndrom. Wenn sie vom Sport spricht, ist die Begeisterung unüberhörbar. Seit elf Jahren machtsie beim BehindertensportvereinPluSport in Basel mit.
«Sportlerin zuwerden, das ist mein Traum.» Brodmann zeigt auf ihre Uhr mit rotem Band: «Special Olympics» steht mit grossen Lettern auf dem Zifferblatt. Die grösste Schweizer Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger Behinderung findet heuer Ende Mai in Genf statt. Die Baslerin ist beim Schwimmen mit dabei.
Bis es aber so weit ist, führt Brodmann Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellung «Touchdown» im Zentrum Paul Klee – eine Themen- und Kunstausstellung von, über und mit Menschen mit Trisomie 21.
Sport und Haushalt
Bei jeder Führung durch die Ausstellungsräume zusammen mit einer Vermittlerin oder einem Vermittler ohne Down-Syndrom wählt Brodmann andere Texte aus, die sie vorliest. Während sie vorträgt, löst sie ihren Blick vom Papier, schaut die Besucher an und wippt dabei sanft mit ihrem Körper. Neben einer Vitrine mit einem FC-Basel-Schlüsselanhänger sagt Brodmann: «Meine Autonomie ist mirsehr wichtig.»
Der FC-Basel-Fan wohnt seit drei Jahren alleine. Im Alltag kann sie auf den Rat und die Unterstützung ihrer Eltern und ihres Bruders zählen. «Wenn ich etwas brauche, rufe ich sie an – so wie andere junge Menschen das auchmachen.» Zudem hilft ihr regelmässig eine externe Begleitung eineinhalb Stunden pro Woche. «Und wenn etwas zu weit oben im Regal liegt, hole ich eine Leiter oder die Hilfe meiner Familie», sagt die 1,50 Meter grosse Frau.
Brodmann schloss nach neunSchuljahren, die sie in der Regelschule mit einer heilpädagogischen Begleitung durchlief, eine Anlehre in der Haushaltungsschule ab. Sie arbeitet fünfzig Prozent als Mitarbeiterin in einer Küche in einem Altersheim und pflegt als Hobbysdas Haushalten, Schwimmen, Skifahren, Mandala malen und Flöte spielen. «Ich mag Flötenmusik, Mozart und Schlager.»
Die zentrale Botschaft
Die Rundgänge durch die Ausstellung «Touchdown» machen Brodmann Spass. Auch die Kunstobjekte gefallen ihr. Besonders toll findet sie den Chromosomenteppich von Jean-Marie Mohn. Auf einem drei mal zwei Meter grossen Teppich hat die Künstlerin mit Down-Syndrom 47 Chromosomen aufgestickt – das Chromosom 21 dreimal.
Neben Kunstwerken und Informationen zu Forschung und Geschichte des Down-Syndroms zeigt die Ausstellung auch ein lebensgrosses Video mit Kathrin Brodmann. Darin bewegt sie sich kaum; siesteht nur da und schaut in die Kamera. Das nonstop abgespielte Videowill das Publikum einladen zum Anstarren und so bewusst machen, wie oft Menschen mit Trisomie 21 hemmungslos angeglotzt werden.
Auch Brodmann kennt dieses Verhalten aus ihrem Alltag. Sie möchte den Besuchern und Besucherinnenvor allem eine Botschaft mit auf den Weg geben: «Menschen mit Down-Syndrom haben ein Recht zu leben.»
Ausstellung «Touchdown», bis 13.5.2018, Zentrum Paul Klee, Bern. Öffentliche Führungen: Sa, 15 Uhr, sowie So, 13.30 Uhr.