Den Jesus spielt er mit Respekt und Demut

Pantomime

Ob als Jedermann, als Jesus oder als Comedian – Damir Dantes erzählt auf der Bühne mit seinem Körper Geschichten ohne Worte

Jede Bewegung sitzt. Mit einer mimischen Präzision und einer emo­tionellen Intensität sondergleichen spielt Damir Dantes den «MisterOne». In seinem neuesten Programm, das er zusammen mit Pfarrer Matthias Müller Kuhn von der Gehör­losengemeinde Zürich erarbeitet hat, steht Dantes als Jedermann des 21. Jahrhunderts auf der Bühne, der mit dem Tod persönlich einen Deal aushandelt, um sein Leben zu verlängern. Dafür verliert er alles im Leben, entdeckt aber gerade in dieser Phase das Leben neu und lernt, sich selber und die Welt mit andern Augen zu sehen. Das alles tönt tragisch, ist es auch. Aber Pantomime Damir Dantes spielt in diesem Einmann-Theater, das sich speziell für Aufführungen in Kirchgemeinden eignet, ohne Worte in virtuoser Manier; nicht nur als tragische Figur, sondern gleichzeitig mit Humor und Komik. Gerade mit dieser Leichtigkeit gelingt es ihm, die ganze Tragik der menschlichen Existenz glaubhaft darzustellen.

In der Ruhe liegt die Kraft

Das Rüstzeug dazu hat sich der 45-jährige Familienvater, der im Kommunismus aufgewachsen ist und mit 19 Jahren 1992 vor dem Krieg aus Bosnien nach Westeuropa flüchtete, in einer langjährigen Pantomime-Ausbildung in Deutschland und Frankreich geholt. Heute ist er bei der Gehörlosengemeinde als Künstler und Theaterpädagoge tätig, wo er fast jeden Sonntag in Gottesdiensten mit seinem Körper Geschichten in Szene setzt.

Regelmässig spielt er in Kirchen Figuren aus der Bibel. Darunterauch Jesus, eine Figur, an die sich wenige Pantomimen heranwagen. Dantes spielt ihn mit «grossem Respekt und Demut». Die Herausforderung liege darin, die Emotionen ruhig auszudrücken, denn in der Ruhe liege die Kraft Jesu. Auch die Darstellung der Zweifel Jesu, ob er imstande sei, seine Botschaft an die Menschen zu vermitteln und seine Aufgabe zu erfüllen, fordert Dantes’ mimischen Fähigkeiten alles ab. Zugleich vermittelt es ihm eine riesige Inspiration, spürt er in solchen Rollen eine göttliche Kraft. «Durch die Pantomime-Kunst habe ich es geschafft, die Verbindung zum Göttlichen in mir zu spüren.»

Kommunizieren mit Gesten

Als Theaterpädagoge unterrichtete Damir Dantes in Heidelberg und Zürich Erwachsene und Kinder in Pantomime. In Workshopsvermittelt er ihnen die Kunst derPantomime. Und zeigt, worauf esankommt. «Emotionen sind wich-tiger als der technische Aspekt der Pantomime. Stimmen die Emotionen und die Vorstellungskraft desSpielenden, wählt der Körper vonsich aus die richtige Technik», ist Dantes überzeugt.

Mit Pfarrer Müller Kuhn leitet er den Mimenchor, der vorwiegend aus gehörlosen Spielerinnen und Spielern besteht. Der Chor singtnicht, sondern drückt sich nonverbal in Pantomime aus. Das gefällt Dantes. «Versuchen die Chormitglieder, mir etwas zu erklären, verstehe ich das ohne Probleme. Sei es wegen meiner Beobachtungsgabe, oder weil ich es verstehen will.» Für Dantes steht fest, dass man ganz ­ohne Worte, nur mit Gestik sehr gut miteinander kommunizieren kann. Darum arbeitet er lieber mit Gehörlosen als mit hörenden Menschen zusammen. «Diese konzentrieren sich aufs gesprochene Wort. Mit Gehörlosen muss ich stets darauf achten, dass sie mich verstehen können. Das ist anstrengend, aber sehr spannend.»

Damir Dantes, 45

Der bosnische, italienische und schweizerische Staatsbürger trat mit acht Jahren als Tänzer erstmals öffentlich auf. 1991 war er bosnischerBreakdance-Meister. 1992 flüchtete er nach Deutschland und Frankreich. Seit 2004 lebt der verheiratete Vater von zwei Kindern in der Schweiz.