Die Tür öffnet sich, und ein Dutzend Studierende tritt heraus in den Korridor, der aussieht, als läge er in einem Betonbunker. Doch er verbindet die Schulzimmer im Bildungs- und Kulturzentrum Toni-Areal, wo die Zürcher Hochschule der Künste einquartiert ist. Hier unterrichtet Burkhard Kinzler hauptberuflich Musiktheorie. Der 58-jährige Pädagoge, Komponist und Dirigent ist in Stuttgart geboren und lebt seit 2006 in Winterthur. Soeben hat er den angehenden Tonmeistern vermittelt, wie Strukturen eines Musikstücks herauszuhören sind.
Obwohl er 90 Minuten lang mit den jungen Menschen gearbeitet hat, wirkt der Professor jetzt, am frühen Abend, keineswegs müde. «Ich bin gerade in Schwung», sagt er und erklärt sich bereit fürs Gespräch. In seinem Unterrichtsraum steht neben einem Klavier und einem Whiteboard auch eine alte Kreidetafel. Altes mit Neuem zu verbinden oder «auf Werke anderer Komponisten schöpferisch zu reagieren», wie er es bezeichnet: Dies ist eines seiner Markenzeichen.
In diesem Raum entstand auch der Schluss seines jüngsten Konzertprojekts. Das ist ungewöhnlich, denn zum Komponieren kommt er üblicherweise nur in den Semesterferien. Im Auftrag des Neuen Zürcher Kammerchors verwob er Mozarts Requiem mit dem Gedicht «Und hinter den Dingen» der österreichischen Schriftstellerin Ingrid Fichtner. Entstanden ist ein Oratorium, das der Laienchor mit dem Barockorchester Capriccio im letzten Frühling erstmals aufführte.