«Diese hier kommen aus den Philippinen und sind aus längs gerolltem Zeitungspapier gemacht», erklärt Lydia Flachsmann und zeigt auf die schlanken, anmutig dreinblickenden Figuren, die unschwer als die drei Könige und die heilige Familie zu erkennen sind. Rund 700 Krippen aus aller Welt sind auf dem weitläufigen Burghof bei Ossingen im Zürcher Weinland ausgestellt. In der alten Scheune, im angebauten «Wöschhüsli», im Hühnerstall und sogar in den drei Silos breiten sich Krippenlandschaften aus. Grosse und kleine, alte und neue, aus allen möglichen Materialien: Holz, Stein, Filz, Metall – um nur einige zu nennen. Sogar eine Krippe aus Loom-Gummis findet sich darunter.
Kürbis und Seide. Lydia Flachsmann hat eine gemächliche, ruhige Art. Man hört ihr gebannt zu, wenn sie durch die Ausstellung führt und von ihrer Reise nach Südamerika erzählt, von der sie viele Miniaturkrippen mit nach Hause brachte. «Diese hier ist aus einem Kürbis gefertigt», sagt sie. Unzählige Exemplare hat sie in Brockenstuben gefunden; wieder andere über Ricardo ersteigert. Das älteste Exemplar der Ausstellung ist 150-jährig und stammt aus dem Böhmischen Wald. Besonders wertvolle Krippen, etwa eine chinesische aus reiner Seide, bewahrt sie im Haus auf. «Nicht die blinde Sammlerwut treibt mich an», versichert die 68-Jährige. Viel mehr interessiere sie sich für Hintergründe und Künstler. «Bei dieser hier könnte man meinen, sie sei aus Elfenbein.» Doch der Schein trügt. Sie stammt von der letzten Elfenbeinschnitzerin aus Interlaken. Weil sie kein Elfenbein mehr hatte, griff sie auf Rinderknochen zurück. «Auf dieser Figur erkennt man noch den Ansatz des Markbeins» – sie zeigt die gefaserte Stelle auf der kleinen weissen Krippe, die sie in Händen hält. Ihre Passion für Krippen begann mit einer persönlichen Weihnachtsgeschichte. Ihre jüngste Tochter musste in der Schule eine Tonkrippe anfertigen. Weil sie es besonders schön machen wollte, wurde sie nicht rechtzeitig fertig. «Für den Josef reichte die Zeit nicht», schmunzelt die leidenschaftliche Sammlerin. «Der Esel war ihr tausendmal wichtiger.» Heute steht die unvollendete Tonkrippe auf dem Küchentisch – und an Weihnachten jeweils unter dem Weihnachtsbaum. Wenn Lydia Flachsmann von ihren vier Töchtern und den Grosskindern erzählt, leuchten ihre Augen. «Ich liebe Kinder.» Aufgewachsen ist sie in einer Neutäufer-Familie im unteren Emmental, als das zehnte von zwölf Geschwistern. Das Leben in der Gemeinschaft und die Gastfreundschaft ihrer Eltern prägten sie: Zusammen mit ihrem Mann Hans führt sie den Burghof heute als Bed and Breakfast mit Hofladen. «Wir wollen ein offenes Haus.»
Wärme und Besinnung. Lydia Flachsmann hat zwei schwere, unverschuldete Autounfälle überlebt, was einem Wunder gleichkomme. Ihr Glaube an Gott wurde dadurch noch gestärkt. Mit ihrer Ausstellung, die sie auf Voranmeldung für Gruppen öffnet, möchte sie den Besuchern «in einer hektischen und oft chaotischen Welt» eine Zeit der Besinnung schenken. Denn: «Die Botschaft von Weihnachten wärmt das Herz.»