Wie geht es Ihnen?
Hans-Rudolf Merz: Danke, bestens. Wissen Sie, ich bin schon mehr als vier Jahre in einer Art Quarantäne. Seit meine Frau verstorben ist, lebe ich allein. Da gewöhnt man sich an diese Lebensform. Wichtig ist für mich, dass ich in die Natur hinaus kann. Dagegen kann ich meine Opernleidenschaft leider nur noch sehr beschränkt ausleben. Ursprünglich wollte ich heute für Aufführungen im Royal Opera House nach London fliegen und Ende Juni für Verdis «Un ballo in maschera» nach Wien, wo einer meiner Söhne lebt – aber alles ist abgesagt.
Welche positiven Effekte könnte die Corona-Pandemie haben?
Verbesserungen sind sicher in vielen Bereichen möglich und nötig! In der Landesversorgung, im Verkehr, im Umgang mit Medikamenten und Sanitätsmaterial oder bei den Verhaltensregeln zur Verminderung der Ansteckungsgefahr. Nichts Revolutionäres, aber Evolutionäres. Pest und Cholera führten beispielsweise dazu, dass die mittelalterlichen Städte Abwasserkanäle bekamen.
Das war die magistrale Antwort. Und was meint der Philosoph in Ihnen?
Ich vermute, dass sich das Verhalten der Menschen kaum verändern wird. Die Leute wollen ihre Lebensqualität zurück. Vielleicht ist man bereit, geringe Abstriche in Kauf zu nehmen, aber jeder weiss, dass sein Leben einmalig ist, und will sich deshalb nicht freiwillig einschränken.