Recherche 26. September 2022, von Rita Gianelli

Chur feiert Bündner Reformation

Reformation

Das für Deutschland Martin Luther und die Schweiz Ulrich Zwingli ist, ist für Chur Johannes Comander. 2023 feiert die Churer Kirch-gemeinde 500 Jahre Bündner Reformation. 

Noch ist nicht alles bis ins Detail geplant. Aber das Gerüst steht: Fünf Leuchttürme sollen das 500-Jahre-Jubiläum der Bündner Reformation und die Berufung von Johannes Comander nach Chur beleuchten. «Wir möchten der Bevölkerung die Fundamente der Bündner Reformation und wie sie uns geprägt haben, zeigen», sagt der Präsident der Kirchgemeinde Chur, Curdin Mark. Johannes Comander, aufgewachsen in Maienfeld, kam 1523 als Priester in die Churer Martinskirche. Er gehörte mit Heinrich Bullinger und Ulrich Zwingli zu den Erneuerern der damaligen Kirche. Comander plädierte für soziale Gerechtigkeit und übersetzte die Bibel vom Lateinischen in die Volkssprache. Er vertrat die Ansicht, dass einzig das Wort, nicht der kirchliche Kult die Quelle der Wahrheit sei. Zu den berühmten Ilanzer Religionsgesprächen 1526 lud er nebst Geistlichen auch «das Volk» ein.

Partnerschaft stärken

«Das Volk» ist nun eingeladen, gemeinsam mit der Kirchgemeinde Chur das 500-Jahre-Comander-Jubiläum im Jahr 2023 zu feiern. Die Kernelemente sind fünf sogenannte Leuchttürme. Sie sind als thematische Schwerpunkte über  die verschiedenen Jahreszeiten an verschiedenen Orten erlebbar. Zuerst soll der Turm «Disputation» leuchten. Analog dem Ilanzer Streitgespräch 1526 wird am 23. April 2023 im Grossratsgebäude ein wissenschaftliches Streitgespräch, eine Disputation, mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Kultur und Kirche durchgeführt. «Wir verstehen dies auch als ein Zeichen für die bereichernde Partnerschaft zwischen Kirche und Staat», sagt Mark. Weiter wird im Antistitium, dem denkmalgeschützten Gebäude der Churer Kirchgemeinde in der Altstadt, die Geschichte des Hauses erzählt und aufbereitet. Ausserdem gibt es einen wissenschaftlich aufbereiteten Kunstführer. Thema des zweiten Leuchtturms ist die «Gemeinde». Geplant ist unter anderem eine zweitägige Jubiläumsfeier am 5. und 6. August auf dem Areal der Comanderkirche. Und für den dritten Leuchtturm, «Theater und Kultur», inszeniert das Theaterfreilichtspiel Chur «Frech», ein Stück mit Laien und professionellen Schauspielern. Für das Drehbuch konnte die Kirchgemeinde Chur den in St. Moritz aufgewachsenen Drehbuchautor Felix Benesch gewinnen. «Die Reformation hat viel mit den Erneuerungsbewegungen von heute gemeinsam, wie ‹#MeeToo› oder ‹Fridays for Future›», sagt Benesch. Er werde den Fokus nicht auf Comanders Lebensgeschichte richten, sagt er. Vielmehr liegt ihm daran, die damaligen Geschehnisse mit einer Person seines Umfeldes in die heutige Zeit zu transferieren. Mehr will er noch nicht verraten.

Blick nach vorn

«Besinnung», so der vierte Leuchtturm, bringt ein Krippenspiel, verschiedene Adventskonzerte und eine Abschlussfeier in der Martinskirche zur Aufführung. Mit ihrem fünften thematischen Leuchtturm, «Antistitium 2023plus», möchte die Churer Kirchgemeinde eine «Brücke in die Zukunft» schlagen. Zukünftig will die Kirchgemeinde das Antistitium in der Kirchgasse der Bevölkerung zugänglich machen. An den Gesamtkosten für das Jubiläumsjahr mit über 1,3 Millionen Franken beteiligen sich vor allem der Kanton, aber auch die Stadt Chur, die Bürgergemeinde sowie die Bündner Landeskirche und Stiftungen.