Ein Ritual, das sich kaum verändert hat - die Konfirmation.
50 Jahre Altersunterschied liegen zwischen Margrith Stöckler und Nils Anesini. Beide wurden in der Dorfkirche Untervaz konfirmiert. Ein Blick auf das, was bleibt und sich ändert.
Margrith Stöckler und Nils Anesini schätzen das Gemeinschaftsgefühl im Dorf. Foto: Riccardo Götz

Die 66-jährige Margrith Stöckler und der 16-jährige Nils Anesini haben beide eine besondere Verbindung zur Dorfkirche in Untervaz. Und sie feiern hier auch Konfirmation dieses Frühjahr, Margrith Stöckler die goldene. Also 50 Jahre ist es her seit ihrem Eintritt als stimmberechtigtes Mitglied in die Kirchgemeinde. Gelegenheit, die beiden nach ihrem Blick auf das bis heute bedeutsame kirchliche Ritual zu befragen. Stöckler erinnert sich, dass sie damals mit ihren bloss zwei Kolleginnen in Trimmis den Konfirmationsunterricht besuchte: «Bei uns hat man dem Pfarrer meist zugehört. Unternommen haben wir nicht viel.» Nils, der mit zehn weiteren Jugendlichen konfirmiert wird, kann sich vorstellen, dass der heutige Unterricht wesentlich abwechslungsreicher ist. Sowieso sei er nach dem einen Jahr Unterricht, das jetzt hinter ihm liegt, positiv überrascht: «Ich dachte, es würde viel anstrengender, es war aber eigentlich recht chillig.»
Freiwillige Entscheidung
Der Besuch des Konfirmationsunterrichts ist freiwillig. Die Art und Aufteilung der mindestens 72 Unterrichtsstunden obliege der jeweiligen Kirchgemeinde, steht in der Gesetzessammlung der reformierten Landeskirche Graubünden. Lager und Projekte haben also Platz im modernen Unterricht. Dazu zählen Gottesdienstbesuche und in beinahe allen Gemeinden auch soziale Einsätze. Nils und die anderen Jugendlichen der Konfklasse Untervaz haben pro Woche 1,5 Stunden am Unterricht teilgenommen, Gottesdienste besucht und sich für die Gemeinschaft eingesetzt beim Christbaumaufstellen und -schmücken, im Lager für Kinder oder beim Kerzenziehen auf dem Weihnachtsmarkt im Dorf. Die Frage, ob sie sich wieder konfirmieren lassen würden, beantworten beide deutlich mit einem Ja. Für Margrith Stöckler gehört die Konfirmation einfach dazu: «Taufe, Konfirmation, Hochzeit, ja und die Beerdigung – diese kirchlichen Rituale tragen doch durch das Leben».
Raum für Diskussionen
Für Nils Anesini ist die Konfirmation auch Selbstbestimmung: «Mich konfirmieren zu lassen, ist meine eigene Entscheidung.» Am Unterricht haben ihm der Austausch, vor allem über andere Religionen, gefallen und das Kennenlernen der unterschiedlichen religiösen Ansichten seiner Mitschülerinnen und Mitschüler. Nur etwa die Hälfte seiner Schulklasse lässt sich jedoch konfirmieren. Nils kann sich gut vorstellen, dass in grossen Städten Jugendliche gar nicht mehr wissen, was eine Konfirmation überhaupt ist. «Das ist schade, weil man so den Kontakt zur eigenen Religion verliert.» Im Kanton Graubünden ist trotz sinkender Mitgliederzahlen die Zahl der Konfirmationen laut Statistik der Bündner Landeskirche etwa gleich geblieben.
Erwachsen werden
Das Gespräch mit Margrith Stöckler und Nils Anesini zeigt, dass die Konfirmation trotz vieler gesellschaftlicher Veränderungen nicht an Bedeutung verloren hat. Verändert hat sich die Gestaltung des Unterrichts: vom passiven Zuhören zum Mitgestalten. «Die Konfirmation ist ein wichtiger Schritt ins Erwachsensein», so Nils Anesini.