Ängste vor einem Stadt-Land-Graben bei den Pfarrstellen

Kirchenparlament

Das Parlament der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn nutzte die Sommersynode zur Aussprache: Die neue Zuordnung der Pfarrstellen weckt Ängste vor einem Stadt-Land-Graben.

«Es ist besser, wenn viele wenig verlieren, als wenige viel» – dieser Gedanke liege dem Entwurf der neuen Pfarrstellenzuordnung für den Kanton Bern zugrunde. Und mit diesem Gedanken versuchte Iwan Schulthess, Vizepräsident des Synodalrats der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, an der Sommersynode des Kirchenparlaments die Wogen zu glätten, welche nur schon wegen des Entwurfs dieser Verordnung hoch gegangen waren.

Der Grund für die emotionale Debatte während der Vernehmlassung: Künftig soll nicht mehr alleine die Mitgliederzahl einer Kirchgemeinde dafür ausschlaggebend sein, wie viele Pfarrstellen ihr zustehen, sondern die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner überhaupt. Besonders in ländlichen Kirchgemeinden und Randregionen weckt dies grosse Ängste.

Oder wie es Elvira Weber (Belp) für die Fraktion der Mitte an der Synode zusammenfasste: «In der Stadt kann ein Pfarrer rasch mit dem Velo von einem Seelsorgegespräch zum anderen fahren. Auf dem Land muss er grosse Distanzen zurücklegen und braucht dementsprechend mehr Zeit.» Flächenmässig grosse, aber schwach besiedelte Kirchgemeinden wären die grossen Verliererinnen der neuen Verteilung.

In den Bergen steht mit der neuen Pfarrstellenzuordnung alles auf dem Spiel.
Karin von Zimmermann

Entscheiden zur Pfarrstellenzuordnung konnte das Kirchenparlament an der Sommersynode noch nichts. Die Synodale nutzten aber die Gelegenheit zu einer «Chropfläärete». Die Kritik an der Exekutive war teilweise heftig: Der Synodalrat habe nicht mit den Betroffenen geredet, Informationen hätten sich diese mühsam selber zusammensuchen müssen, der Entwurf sei von einem «Schreibtischtäter» erstellt worden und fern des Arbeitsalltags in den Kirchgemeinden.

Auch der bei säkularen Themen oft zitierte Stadt-Land-Graben findet nun offenbar Einzug in kirchliche Fragen. «In den Bergen steht mit der neuen Pfarrstellenzuordnung alles auf dem Spiel», wandte sich Karin von Zimmermann an die Synode. In Habkern, wo sie Pfarrerin ist, wären Kürzungen fatal: Es würden dann einfach wichtige kirchliche und seelsorgerische Aufgaben nicht mehr gemacht.

Unterstützung erhielt der Entwurf des Synodalrats aus städtischen Gebieten. Pfarrer Dominik von Allmen aus Biel sprach für die «stille Mehrheit», die durchaus einsehe, dass die Organisation der Kirche auch mit der Zeit gehen müsse. Auch in der Stadt seien Pfarrpersonen nicht auf Rosen gebettet und hätten oft zu wenig Zeit. «Wir mussten unsere Strukturen in den letzten Jahren bereits gegenwartstauglich machen.» Aus seiner Sicht ist es richtig, die Einwohnerzahl zu berücksichtigen, wenn es darum geht, wie viele Pfarrstellen eine Kirchgemeinde erhält. Die Kirche erbringe schliesslich vielfältige Leistungen nicht nur für die eigenen Mitglieder.

Zeitplan wird angepasst

Die ausführlichen Erläuterungen von Synodalrats-Vize Iwan Schulthess zum vorliegenden Entwurf trugen etwas zur Beruhigung der Gemüter bei. «Wir hätten besser kommunizieren können», räumte Schulthess ein und gelobte Besserung. Ausserdem habe der Synodalrat den Zeitplan angepasst, so dass bis zum endgültigen Beschluss der Vorordnung genügend Raum für Information und Diskussion bleibe. Auch die Gewichtung der Einwohnerzahl scheint noch nicht in Stein gemeisselt. In Kraft treten kann die neue Verordnung frühestens im Jahr 2028.