Dies ist schweizweit einzigartig: Der – hauptsächlich reformierte – Kanton Bern bezahlt seine Geistlichen mit allgemeinen Steuergeldern. Dies, weil er 1804 die Kirchengüter eingezogen und sich im Gegenzug verpflichtet hatte, die Entlohnung der Pfarrschaft künftig mit eigenen Mitteln zu bestreiten. Diese Regelung gilt bis heute.
Doch mit der engen Verbandelung von Kirche und Staat hat es bald ein Ende; im Kanton Bern ist eine Entflechtung im Gang. Zu diesem Zweck wird das Kirchengesetz erneuert. Der Entwurf geht jetzt in die Vernehmlassung; Regierungsrat Christoph Neuhaus hat in seiner Eigenschaft als Kirchendirektor die Medien orientiert.
Wichtigster Punkt: An der Gesamtsumme der kantonalen Zahlungen an die Kirche ändert sich vorläufig nichts. 75 Millionen zahlte der Kanton bisher für die Pfarrerlöhne, ab 2020 werden die Kirchen gesamthaft 74,6 Millionen erhalten. Neu ist aber, dass das Geld gemäss einem Zweisäulen-Modell entrichtet wird. Dieses gewährt der Kirche nach wie vor erhebliche Finanzsicherheit, dem Staat aber eine gewisse Flexibilität.
Geld für gesellschaftliche Leistungen. Und so funktioniert das neue Modell: Die erste Säule umfasst eine Summe von gut 43,2 Millionen; dieses Geld wird anteilmässig auf die reformierte, die römisch-katholische und die christkatholische Landeskirche als Sockelbeitrag für die Löhne ihrer Geistlichen verteilt. Mit der zweiten Säule trägt der Kanton jene Leistungen mit, „welche die Landeskirchen im Interesse der Gesellschaft für den Kanton und seine Bevölkerung erbringen“, wie Regierungsrat Neuhaus ausführte. Diese Summe beträgt ab dem Jahr 2020 knapp 31,4 Millionen Franken.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Kantonsparlament alle sechs Jahre über die Höhe der zweiten Säule befindet; drei Jahre vor Beginn einer neuen Beitragsperiode ist die Summe zwischen dem Kanton und den Landeskirchen auszuhandeln.
Vom Kanton zur Kirche. Im Zuge dieser finanziellen Neuregelung ändern sich auch die Anstellungsverhältnisse: Die Pfarrerinnen und Pfarrer, bisher Kantonsangestellte, wechseln unter die Hoheit ihrer Landeskirchen. Die Vernehmlassung des neuen Kirchengesetzes dauert bis am 19. Dezember. Voraussichtlich im September des kommenden Jahres wird sich das Kantonsparlament mit der Vorlage befassen. In Kraft treten wird das neue Gesetz aber erst Anfang 2020, da sowohl beim Kanton als auch bei der Landeskirche viele administrative und gesetzliche Anpassungen nötig sind.
Kritik der Katholiken. Die Vertreter der der Berner Landeskirchen zeigen sich mit dem neuen Kirchengesetz grundsätzlich zufrieden. Andreas Zeller, Synodalratspräsident der reformierten Berner Landeskirche, sagte im Anschluss an die Medienkonferenz: Der Entwurf würdige die Bedeutung und die gesellschaftlichen Leistungen der Kirchen und stärke deren Autonomie in wichtigen Fragen.
Ähnlich tönte es von katholischer Seite, mit einem Vorbehalt der Römisch-katholischen Landeskirche: Diese ortet im vorgeschlagenen Finanzierungsmodus eine Ungleichbehandlung und „erwartet vom Regierungsrat Vorschläge für ein zeitgemässes System, bei dem alle Landeskirchen in der Finanzierung gleich behandelt werden“.