Recherche 27. März 2022, von Marius Schären

Schon mit 13 Jahren war er Organist

Kirchenmusik

Am Berner Münster werden ab 2023 neue Klänge zu hören sein: Christian Barthen löst Daniel Glaus als Organist ab. Am Herzen liegt ihm vorab, Menschen mit seiner Musik zu berühren.

Ende März wird Christian Bar­then 38 Jahre alt – und ist mit seiner Wahl nach Bern beruflich bereits ziemlich weit oben angekommen, jedenfalls nach seinen eigenen Worten: «Das Berner Münster ist eine Kathedrale von Weltrang mit drei fantastischen Orgeln. Eine Traumstelle für einen Organisten.»

Ein besonderer Reiz liege für ihn auch in der Kombination von aktiver Kirchenmusik und Hochschullehre. Denn mit dem Organistenjob in der grössten Berner Kirche, den Barthen Anfang nächstes Jahr antritt, ist eine Dozentur an der Berner Hochschule der Künste verbunden.

Gründliches Verfahren

Die Organistenstelle am Berner Münster ist ein Prestigejob. Nicht nur Christian Barthens Worte bezeugen dies, sondern auch das Auswahl­verfahren. Eine 13-köpfige Kommission aus Mitgliedern der Kirchgemein­de Münster und der Hochschule der Künste Bern hat in einem dreistufigen Verfahren gewählt. Der Deutsche Barthen löst den Berner Daniel Glaus ab, der Ende Jahr pensioniert wird.

Dass niemand mit Wurzeln in der Schweiz nach Bern kommt, erstaunt nicht: Gemäss Mitteilung der reformierten Gesamtkirchgemeinde haben sich 41 Personen um den Posten beworben, davon nur sieben mit einem Schweizer Pass. Warum der Augsburger Christian Barthen gewählt wurde, kann Kirchgemeinderat Max Suter aus Gründen der Vertraulichkeit nicht näher ausführen. Die grösste Herausforderung sei jedoch die Verbindung von Organisten- und Dozentenstelle gewesen. «Unter Berücksichtigung aller Aspekte war Christian Barthen der beste Bewerber», sagt Suter.

Vorbild in der Musikwelt

Der Organist und Dirigent, der zurzeit noch in Augsburg arbeitet, ist jedenfalls guter Dinge: «Wir freuen uns auf Bern und den neuen Lebensabschnitt», sagt er. Mit seiner dreijährigen Tochter und seiner Frau, die ebenfalls Kirchenmusikerin ist, wird er nun in die Schweiz ziehen. Für ihn ist das Land gerade mit Blick auf die grenzenlose und diskriminierungsfreie Welt der Musik ein «zentrales Vorbild».

Christian Barthen auf seinem Youtube-Kanal spielt Max Reger: Choralfantasie "Halleluja! Gott zu loben" op. 52/3

Persönlich steht für ihn im Zentrum, «Musik zur Ehre Gottes» zu machen. «Ich versuche möglichst viele Menschen damit zu erreichen und dafür zu begeistern», sagt Bar­then. Dabei spiele für ihn keine Rolle, wie gross oder klein das jeweilige Gotteshaus sei. In seinen bisher 25 Jahren im Dienst der Kirche sei seine Motivation nie in einem Verhältnis zur Grösse und Bedeutung des Kirchturms gestanden.

In die Kirche wuchs Christian Bar­then quasi hinein. Er sei in einem kirchlichen Umfeld gross geworden und habe schon als Kind damit angefangen, die Gemeinde beim Singen zu begleiten. «Mit 13 Jahren bekam ich meine erste Festanstellung als Kirchenmusiker – und das tue ich ohne Unterbrechung bis heute.» Nach der schönsten Kirchenmusik gefragt, sagt der Organist, das Besondere an der Kirchenmusik liege gerade darin, dass sie nicht rational erfasst werden müsse: «Liturgie will erlebt werden, sie will packen, begeistern und berühren.» Dann erfülle gottesdienstliche Musik ihren wichtigsten Zweck.

Reger und Bach

Während ihn in seiner Jugend fran­­zösische Orgelmusik besonders fasziniert habe, empfinde er heute eine besondere Liebe zur Musik von Max Reger und Johann Sebastian Bach. «Momentan erarbeite ich mir vor allem auch Orgelmusik aus der Schweiz, studiere Werke von Lionel Rogg und Daniel Glaus.»

Liturgie will erlebt werden, sie will packen, begeistern und berühren.
Christian Barthen, Konzertorganist und Kirchenmusiker

Nicht hören wird man vom neuen Münsterorganisten aber Musikstile wie Jazz, Rock, Schlager oder Volksmusik. All diese Musik habe sehr wohl ihre Berechtigung, ihren Platz, ihre Zeit, ihre Sympathien und ihre Profis, hält Barthen fest. «Von daher überlasse ich als klassischer Organist die anderen Stile gerne ihren Spezialisten.»

Die Orgel sei schliesslich ein In­strument «von beispielloser Vielseitigkeit und ihre Musik ein Schatz von kosmischer Grösse». Sich damit befassen zu dürfen, sei für ihn nicht nur eine Erfüllung, sondern ein Lebensinhalt.