Recherche 25. April 2022, von Rita Gianelli

Zusammenarbeiten statt bekehren ist das Ziel

Ökumene

Der Begriff Mission hat sich verändert. Partnerschaft und Zusammenarbeit machen die Arbeit von Missionswerken aus. Die jährliche Missionssynode vernetzt Akteure.

In Davos gastiert kurz nach dem Weltwirtschaftsforum (WEF) Ende Mai die Missionssynode. Sie ist das oberste Gremium des Evangelischen Missionswerkes Mission 21 aus Basel. Einmal jährlich beraten Delegierte aus Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika während der einwöchigen Missionssynode über die zukünftige Ausrichtung der gemeinsamen Projekte.

Überraschende Antwort

Der Begriff Mission im kirchlichen Zusammenhang verwendet, löst bei vielen Menschen negative Gefühle aus. Er erinnert an die gewaltsame Bekehrung der «Heiden» und die Verbreitung der Werte der «westlichen Zivilisation». Nicht wenige erinnern sich hierzulande an das «nickende Negerlein» in den Kirchen, wenn der Batzen ins Kollektenkässeli fiel. Ist der Begriff Mission also noch zeitgemäss?

Diese Frage stellte sich auch das Missionswerk Mission 21 während der Suche nach einem neuen Namen im Jahr 2001. Alle Partnerkirchen in den über 20 Ländern wurden zur Namensfindung befragt. Die Antworten waren eindeutig: «Der Begriff Mission darf keinesfalls weggelassen werden. Das war der ausdrückliche Wunsch von all unseren Partnerkirchen», sagt Magdalena Zimmermann, stellvertretende Direktorin und Leiterin der Abteilung Bildung, Austausch und Forschung bei Mission 21. «Für uns alle war das eine Überraschung.»

Heilsamer Schock

Anders als in Europa gehört der Begriff Mission für Christinnen und Christen in Afrika, Asien oder Lateinamerika zur Essenz des gelebten Glaubens. Das Bekenntnis zum Christentum, die Verkündigung desselben spielen im religiösen Alltag vieler Menschen im globalen Süden eine zentrale Rolle. «Wir müssen immer wieder lernen, unser eurozen­tristisches Denken zu hinterfragen, und versuchen, kirchliche Themen aus der Sicht unserer Partnerkirchen zu betrachten.»

Dieses Umdenken hat in den Kirchen und in den Missionswerken in Mitteleuropa vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Die Grausamkeit dieses Krieges und die Tatsache, dass ein christliches Land Verursacher war, sei für die Kirche, so Zimmermann, «wie ein heilsamer Schock gewesen» und definierte ein neues Missionsverständnis.

Mission im biblischen Sinne ist gemäss Lukasevangelium ein Auftrag an die Gläubigen, das Evangelium zu verkünden und damit den Unterdrückten und Kranken Freiheit und Heil, die frohe Botschaft, zu bringen. Die moderne Missionstheologie versteht den missionarischen Auftrag seit den Weltmissionskonferenzen nach dem Zweiten Weltkrieg als Teilhabe an der Missio Dei, also an Gottes eigener Mission und seiner Zuwendung zur Schöpfung. Das heisst, der Missionar als Ermächtigter der Institution Kirche stand nicht mehr über den Menschen, sondern agierte quasi als Diener Gottes für benötigte Hilfe und Unterstützung. «Das war komplett neu», sagt Magdalena Zimmermann.

Bewusstsein fehlt

Astrid Fiehland, Pfarrerin in Davos, erklärt in der landeskirchlichen Zeitschrift «Dialog», dass Mission heute Demut und Respekt vor dem Gegenüber bedeutet. «Dieser Respekt», so Fiehland, «schliesst die Bereitschaft, dazuzulernen und sich möglicherweise auch von der Glaubenswahrheit des oder der anderen überzeugen zu lassen, ein.» Mission heute heisst für Mission 21 auch Friedensförderung, Kampf gegen Rassismus und ein Ermöglichen von Bildung für alle – und vor allem: Vernetzung der globalen Kirchengemeinschaft. «Es ist eine Herausforderung, Kirchgemeindemitgliedern auch die Teilhabe an der weltweiten Kirche zu ermöglichen», sagt Zimmermann. Oft fehle auch das Bewusstsein, wie viel man voneinander profitieren könnte.

Eine Möglichkeit, Kirche weltweit neu zu entdecken, bietet nun die Missionssynode, die jedes Jahr in der Schweiz tagt. Der Austausch mit den Delegierten aus den Partnerkirchen im Süden, wo das Christentum eine nie da gewesene Blü­tezeit erlebt, kann für die immer kleiner werdende Christengemeinschaft in Mitteleuropa eine echte Inspiration sein.