Fleischkonsum in der Fastenzeit war in Zürich lange ein unumstössliches Tabu. Am 9. März 1522 wurde das Tabu öffentlichkeitswirksam gebrochen. Damals setzten sich die Gesellen der Druckerei Froschauer mitsamt ihrem Patron, zwei Priestern und einigen Handwerkern an den Tisch. Der Legende nach sollen es zwölf gewesen sein, also fast eine Szenerie wie beim Abendmahl.
Die Gemahlin des Hausherrn servierte zwei kleine Rauchwürste in dünnen Scheiben wie Hostien. Ein teilnehmender Beobachter beäugte das Ganze und widerstand seiner Lust auf Fleisch: Huldrych Zwingli.
Natürlich ging es um mehr als um die Wurst. Im Mittelpunkt, erklärt Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist, stand «die Freiheit des Christenmenschen», wie es der Reformator in einer Predigt formulierte. In seiner Schrift von der «Freiheit der Speisen» entwickle Zwingli den reformatorischen Leitgedanken: «Keine kirchliche Macht darf den Menschen die Freiheit vorenthalten, die ihnen von Gott zugesprochen ist.»