Sie sagen also, dass die Unternehmen in
der Schweiz ihre Verantwortung nicht wahrnehmen.
Burri: Es
gibt viele Unternehmen, die verantwortlich wirtschaften. Aber auch einige,
insbesondere die grossen globalen Konzerne, die rücksichtslos nach Gewinn
streben. Sie machen dies auf Kosten von Gesundheitsschäden von Kindern, von
Ernteausfällen von Kleinbauern oder von CO2-Emmissionen, die den
Klimawandel anfeuern. Wir unterstützen bei Heks beispielsweise Gemeinschaften,
deren Lebensraum durch den Anstieg des Meeresspiegels akut bedroht ist. Das
passiert nicht in zehn oder zwanzig Jahren, sondern jetzt, heute. Diese
Menschen selbst haben fast gar nichts zum Klimawandel beigetragen. Schweizer
Unternehmen aber schon. Einige Konzerne haben einen grösseren CO2-Ausstoss
als die ganze Schweiz. Daher, ja, viele dieser Unternehmen nehmen ihre
Verantwortung nicht wahr und tragen direkt dazu bei, dass es den Ärmsten der
Welt noch schlechter geht.
Gutjahr: Im
Gegenteil, viele Unternehmen übernehmen Verantwortung und wegen einigen wenigen
Konzernen geraten alle Unternehmungen ins Visier von neuen gesetzlichen
Forderungen, die ein KMU aus finanzieller Sicht nie umsetzen könnte. Ein
Ausdruck davon war die Konzernverantwortungsinitiative, welche die ganze
Lieferkette betroffen und auch kleine Betriebe massiv unter Druck gebracht
hätte. Wenn solche Forderungen in der Schweiz Realität werden, erleben wir eine
Abwanderung von Grossfirmen. Und KMU, die als Zulieferer fungieren, müssten
ihre Betriebe schliessen. Damit setzt man direkt wichtige Arbeits- und
Ausbildungsplätze aufs Spiel, insbesondere im Tieflohnsektor. Man muss
gleichzeitig bedenken, dass die global tätigen Industriekonzerne
grossmehrheitlich den Aktionären wie Pensionskassen gehören. Von diesen Seiten
werden hohe Renditeforderungen gestellt, die wiederum Druck auf die
Gewinnerwartungen der Konzerne erzeugen. Hier muss man sich fragen, wie man
einen solchen Teufelskreis durchbrechen kann. Eine schwierige Aufgabe.
Richten wir den Blick auf den Thurgau:
Hier gibt es wenige grosse Firmen, die global tätig sind. Wie können Thurgauer
Unternehmen trotzdem etwas zu einer besseren Welt beitragen?
Gutjahr: Wie
bereits erwähnt, sind die meisten Firmen Familienbetriebe. Alle sind
interessiert, auch unserer nächsten Generation eine lebenswerte Welt zu
hinterlassen und investieren damit in neue energieeffizientere Technologien. Ob
Sie es glauben oder nicht, eine der grossen täglichen Aufgaben unserer Führungskräfte
ist es, unsere Mitarbeitenden einerseits auf ihre persönliche Gesundheit,
andererseits auf den sparsamen Umgang mit jeglichen Ressourcen hinzuweisen und
dies auch streng zu überwachen.
Burri: Das
klingt gut, da pflichte ich Diana bei. Ich hoffe einfach, dass diesen schönen
Worten auch Taten folgen. Ich sehe in meiner Arbeit leider noch zu oft, dass
den Klimaversprechen von Unternehmen zu wenige konkrete Massnahmen folgen.
Kürzlich erschien eine Studie, die Klimaversprechen von grossen Konzernen untersucht
hat. Sie belegt, wie beispielsweise die gross angekündigten grünen Klimapläne
von Novartis und Nestlé nicht mit ihren getroffenen Massnahmen übereinstimmen.
Ihre Klimaversprechen werden gar als irreführend taxiert. Es liegt an den
Führungskreisen, den Aktionären, ja auch den Familien hinter KMU, dafür zu
sorgen, dass ihr Unternehmen tatsächlich auf einen klimaneutralen Kurs gebracht
wird.