Unter dem Motto «Vielfalt statt Selektion» sammeln mehrere Organisationen Unterschriften gegen das neue Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG). Dieses hätte mit der Annahme des Verfassungsartikels zur Präimplatationsdiagnostik (PID) in Kraft treten sollen.
Durch das Referendum ist die Inkraftsetzung nun bis zum 2. Dezember aufgeschoben. Beteiligt an der Unterschriftensammlung sind die Evanglischen Frauen Schweiz (EFS) und der Katholische Frauenbund zusammen mit dem Schweizerischen Hebammenverband und 15 Behindertenorganisationen.
Harziger Rücklauf. Das Referendum gegen das Gesetz hat die Evangelische Volkspartei EVP ergriffen. So kurz nach der Abstimmung über den Verfassungsartikel – und während eines Wahlkampfs mit eigenen Themen – sei es jedoch schwierig gewesen, das Anliegen in die Medien und unter die Leute zu bringen, sagt Joel Blunier, Generalsekretär der Partei: «Bis jetzt sind erst rund ein Drittel der geforderten 50’000 Unterschriften beisammen». Aber der EVP-Mann vertraut auf die Mobilisierung durch die mitgliederstarken Organisationen. Die Kampagne soll überdies demnächst mit Strassenaktionen intensiviert werden.
Komplexe Thematik. Schwierig sei vor allem, die komplexe Thematik «herüberzubringen». Das sagt auch Christa Schönbächler von der Behindertenorganisation insieme. Und zu erklären, warum jetzt nochmals zum Thema Fortpflanzungsmedizin die Volksmeinung gefragt ist.
Mit dem neuen Artikel in der Bundesverfassung sind genetische Untersuchungen an Embryonen vor dem Einpflanzen in die Gebärmutter nun im Prinzip erlaubt. Basierend auf diesem Grundsatz setzt das von den eidgenössischen Räten bereits genehmigte Gesetz den Rahmen für die Untersuchungen im Reagenzglas.
Nach Ansicht der Gegnerinnen geht der Gesetzesartikel zu weit. Während der Bundesrat Untersuchungen im Reagenzglas nur zulassen wollte, wenn «die Gefahr einer schweren Erbkrankheit nicht anders abgewendet werden kann», hat das Parlament auch die Untersuchungen auf Chromosomen-Anomalien (wie z.B. Trisomie 21) ins Gesetz aufgenommen. Und den Zugang zu PID für alle Paare geöffnet, die eine künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen. Das sind momentan rund 6000 pro Jahr.
Inklusive Gesellschaft. Die Organisationen, die das Referendum unterstützen, tun dies aus Furcht vor einer Gesellschaft mit Normierungszwängen. «Wir wollen in einer inklusiven Gesellschaft leben», schreiben sie, «gemeinsam und gleichberechtigt mit gesunden und kranken Menschen, mit Menschen mit und ohne Behinderung».
Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) begrüsst die Lancierung des Referendums gegen das Fortpflanzungsmedizingesetz. Mit dem Referendum lässt sich der mit der Verfassungsänderung aufgehobene Embryonenschutz nicht korrigieren. Aber es eröffnet die Möglichkeit, auf Gesetzesebene verbesserte Schutzmassnahmen zu etablieren.
(Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».)