Recherche 28. Oktober 2015, von Rita Jost

Tiefgefrorene Kinderwünsche

Kommentar

Die Eingriffe der Fortpflanzungsmedizin sind mehr als bloss Machbarkeiten, findet «reformiert.»-Redaktorin Rita Jost. Sie verändern das Menschenbild.

Als vor einem Jahr bekannt wurde, dass Apple und Facebook in den USA ihren Mitarbeiterinnen im Rahmen eines familienpolitischen Gesamtpakets das Einfrieren der Eizellen bezahlen, waren viele hierzulande entsetzt. Rund 8000 Franken bezahlen diese Firmen, damit junge Frauen voll einsatzfähig sind und nicht etwa «im besten Alter» durch Geburt und Mutterschaft am Arbeitsplatz fehlen.

Zynisch. Menschenverachtender gehts nicht mehr. Und es ist gut, dass Familien hierzulande von solchen «Fortschritten» wenig wissen wollen. Wenn Frauen künstlich karrierekompatibel gemacht werden, wenn die Vereinbarkeit von Karriere und Familie gelöst wird, indem Kinderwünsche tiefgefroren werden, dann bekommt der Fachausdruck «Social Freezing» wirklich eine eiskalte Dimension.

Tiefgefroren. Die «reformiert.»-Umfrage belegt, dass entsprechende Ideen bei uns noch keine Mehrheiten finden. Doch das könnte sich ändern. Immerhin lehnt jeder Dritte unter 34 Jahren die Möglichkeit nicht völlig ab. Und «Leihmutterschaft» wird sogar von jedem Zweiten gutgeheissen. Da ist in nächster Zeit viel Aufklärung nötig. Denn diese medizinischen Eingriffe sind mehr als bloss Machbarkeiten. Sie verändern das Menschenbild.