Und wieder fliehen Hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat. Seit Mitte April bekämpfen sich im Sudan die Armee und die paramilitärische Gruppe «Rapid Support Forces» (RSF). 2019 hatten sie noch gemeinsam Diktator Omar al-Baschir gestürzt und sich selbst an die Spitze der Regierung gestellt: der Kommandeur der Armee, Abdel Fattah al-Burhan, und als Stellvertreter RSF-Chef Mohamed Hamdan Daglo. Vier Jahre danach führen die Männer nun einen Machtkampf gegeneinander. Leidtragend ist das Volk, das in den letzten Jahren ohnehin schon durch eine lang anhaltende Dürreperiode schwer gebeutelt wurde.
Konflikte um Ressourcen
Der Sudan ist in Afrika nicht das einzige Land, in dem die Menschen zugleich von Folgen des Klimawandels und kriegerischen Auseinandersetzungen bedroht sind. Es werden immer mehr. In Mali, Kongo, Äthiopien, Burkina Faso, Nigeria, und Somalia finden humanitäre Katastrophen statt, in denen Trockenheit, verendendes Vieh und versickernde Wasserquellen zusammen mit Konflikten um Ressourcen und Macht eine verheerende Kombination bilden. Äusserst fragil ist die Lage auch in zahlreichen weiteren Ländern, etwa Südsudan oder Burundi, das in den Herkunftsländern der Schweizer Asylstatistik mit einer rasch wachsenden Anzahl an Asylgesuchen auffällt.
Schneller als befürchtet
Das Climate Security Expert Network (CSEN), ein internationales Netzwerk von 30 Wissenschaftlern, das für die UNO Studien zu Klima und Sicherheit durchführt, prognostiziert: Immer mehr Staaten werden dem Druck aus Klimafolgen, Bevölkerungswachstum, Armut und öko-nomischen Schocks nicht standhalten können, das Konfliktpotenzial innerhalb sowie zwischen Nationen wird sich vergrössern – mit zunehmenden Migrationsströmen als einer der Folgen der Gewalt.
Einer der CSEN-Wissenschaftler ist Lukas Rüttinger, Mitglied des Thinktanks Adelphi, der die deutsche Bundesregierung berät. Er sagt: «Die Geschwindigkeit der Erderwärmung und das Ausmass der Folgen übertreffen viele Prognosen.» Rüttinger hatte 2020 mit zwei anderen Wissenschaftlern in einem Risikoprofil erfasst, wie der Klimawandel und Konflikte im Sudan interagieren. Der Bericht warnte vor zunehmenden Spannungen und empfahl verstärkte Anstrengungen zur Bewältigung der Umweltveränderungen. Um Letzteres bemühten sich bisher nur Nichtregierungsorganisationen, doch der Krieg bedroht nun sämtliche Projekte.