Recherche 06. Mai 2021, von Rita Gianelli

Kirchen brechen auf in eine lange Nacht

Kirchennacht

Jetzt ist es so weit: Die Lange Nacht der Kirchen kann stattfinden, erstmals auch in Grau­bünden. Knapp dreissig Kirchgemeinden zeigen sich der Bevölkerung offen und vielfältig.

Die Kirchen wollen ein Signal zum Aufbruch und zur Überwindung der Isolation senden. Deshalb findet die Lange Nacht der Kirchen statt, am 28. Mai, überall in der Schweiz – nachdem die Durchführung letztes Jahr verschoben werden musste. Auch in Graubünden: Eine Arche Noah aus Legosteinen, eine Kunstausstellung im Turm sowie ­eine Heavy-Rock-Band im Gottesdienst– das sind nur einige der zahlreichen Ideen der knapp dreissig Kirchgemeinden im Kanton, die sich für die Lange Nacht der Kirchen angemeldet haben. «Es freut uns, dass viele, die sich bereits vor einem Jahr interessiert haben, mit dabei sind», sagt Cornelia Mai­netti, Leiterin der landeskirchlichen Fachstelle Kirche im Tourismus. Sie steht den Kirchgemeinden bei der Umsetzung des Anlasses beratend zur Seite und stellt Werbematerial und -kanäle, auch online, zur Verfügung.

Kirchenregion beleben

Mitten in den Vorbereitungen stecken Marianne Strub, Pfarrerin im Unterengadin, und Simone Jenni, Mitglied des Kirchenvorstands in Po­schia­vo. «Wir freuen uns, die Lange Nacht der Kirchen in unserer Region durchzuführen», sagt Marianne Strub. Pfarrerin, Fachlehrperson Re­ligion, Kirchenvorstände, Freiwillige und Mitarbeitende der Kirch­gemeinde Ardez-Ftan-Guarda haben in den letzten Monaten an einem Programm für die breite Bevölkerung mitgewirkt. «Wir möchten Be­gegnungen in der Kirchen­region er­möglichen», sagt Strub.In Ardez beispielsweise rockt die Unterengadiner Heavy-Rock-Band Reat unter freiem Himmel. Es wird Jazz-, Klassik-, Volksmusik- und Taizé-Gottesdienste unter Mitwirkung lokaler Musiker und Musikerinnen geben. Sie finden in der Dorfkirche in Ardez und im Schulhaus statt.

Ausstellung im Turm

Den fünfstöckigen Turm von Ardez verwandelt Kirchgemeindemit­glied Mario Pult in ein Museum. Pult bereitet eine Installation zum Thema Veränderung vor. Ausserdem treten auf einzelnen Dorfplätzen Stras­senkünstler und solche, die es gerne sein möchten, auf. «Zum Schutz vor der Coronapandemie bieten wir alle Aktivitäten parallel an. So verhindern wir grössere Ansammlungen von Menschen», erklärt Marianne Strub. Auch in Poschiavo steht die Kirch­gemeinde in den Startlöchern. Er­arbeitet wird ein abwechslungsreicher Postenlauf in und rund um die Kirche. Dazu zählen ein Orgelwork­shop, eine Kirchturmbesteigung und eine Friedhofführung. Der Dorfpfarrer wird das örtliche Kirchenarchiv für die Öffentlichkeit öffnen und Interessierten kulturhistorische Geheimnisse verraten. Verschiedene Vorstandsmitglieder lesen Kindern Geschichten vor und sprechen mit Jugendlichen über ­ih­re Lieblingsbücher.

Kein verstaubtes Gremium

Wer alle Posten besucht hat, kann schliesslich beim gemeinsamen Gril­lieren hinter der Kirche auch die Mitglieder des Kirchenvorstandes kennenlernen. «Wir hoffen, dass die Bevölkerung merkt, dass die Kirche hier kein altes, verstaubtes Gremium ist», sagt Simone Jenni, Physio­th­­­e­ra­peut, passionierter Musiker und Mitglied des Kirchenvorstands in Po­schia­vo. «Menschen mit Ideen sind bei uns willkommen und können sie hier verwirklichen.» Die Lange Nacht der Kirchen soll gemäss den Initianten als ein Zeichen der Hoffnung verstanden werden. Sämtliche Angebote sind für alle kostenlos.

Internationaler Anlass

Die Lange Nacht der Kirchen be­ginnt am Freitag, 28. Mai um 18 Uhr mit ­einem allgemeinen Glockengeläut und wird mehrheitlich mit einem besinn­­lichen Schlusspunkt um 24 Uhr be­en­det. Am 20. Mai orientiert die Evan­gelisch-reformierte Landeskirche Graubünden an einer Pressekon­f­erenz in Chur darüber. Im Aargau gab es vor vier Jahren erstmals die Lange Nacht der Kirchen. Der Anlass findet in acht weiteren Kantonen und zahl­reichen europäischen Ländern statt.