«Ich versuche es so lange, bis es klappt»

Nahost

Seit Jahren macht sich Sumaya Farhat-Naser für den Frieden in Israel und Palästina stark. Im November ist die christliche Palästinenserin in der Schweiz.

Seit Jahrzehnten engagieren Sie sich in Friedensinitiativen und Frauengruppen sowie in Seminaren mit Jugendlichen für Dialog und Gewaltverzicht bei der Lösung des Nahostkonflikts. Woher holen Sie die Ausdauer?

Sumaya Farhat-Naser:Der Nahostkonflikt ist zermürbend. Die Verzweiflung dauert an. Viele Menschen werden dadurch passiv. Aber ich habe viele tolle Sachen während all dieser Arbeit und in meinem Leben erfahren, woraus ich Kraft und Hoffnung schöpfe. Mein Lebensprinzip lautet, etwas so lange zu versuchen, bis es klappt – auch wenn es zwanzig Anläufe braucht. Ich will nicht nur die Situation beklagen und andere dafür schuldig machen, sondern will mit meinen Taten zu positiven Veränderungen beitragen.

Je länger der Nahostkonflikt andauert, desto komplexer und schwieriger wird die Suche nach Lösungen. Glauben Sie weiterhin daran, dass Palästinenser und Israeli eine gemeinsame Heimat haben können?

Die Situation ist sehr verfahren. Eine gemeinsame Lösung wäre wünschenswert. Aber eigentlich ist es egal, welche politische Form, ob eine Ein- oder Zweistaatenlösung, gefunden wird. Das Wichtigste ist, dass alle in einer Demokratie in Freiheit und Frieden leben können. Es ist unabdingbar, dass die Menschen wieder die Oberhand gewinnen und nicht Ideologien die politische und gesellschaftliche Situation in Israel und Palästina bestimmen.

Damit sich die Menschen näher kommen?

Ja, denn die Regeln der israelischen Besatzung haben über die Jahre den Austausch zwischen den Menschen beider Völker verhindert. Wir leben seit Jahrzehnten in getrennten Welten. Wir kommen einander nicht näher. Ich setze weiterhin auf die Vernunft aller Beteiligten. Bis sich die Lage verändert, müssen wir Palästinenser weiterhin versuchen, Frieden in uns und mit anderen zu finden. Frieden zu schliessen bedeutet, sich von der Ethik und der Moral der Menschlichkeit leiten zu lassen und die Rechte, die man für sich selbst beansprucht, auch der anderen Seite zu gewähren.

Sie halten im November in verschiedenen Schweizer Städten Vorträge über Ihr Leben und Ihren Alltag. Was wollen Sie bewirken?

Seit vielen Jahren koordiniert die Fachstelle Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit (OeME) der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn meine Vorträge. Zwei Mal pro Jahr komme ich dafür in die Schweiz. Ich tue dies, um gegen die vorherrschenden Vorurteile über unsere Situation anzukämpfen. Weltweit und auch hier in der Schweiz gibt es viele Menschen, die meinen, alles über den Nahostkonflikt und die Palästinenser zu wissen. Mit meinen Vorträgen und Büchern will ich zeigen, dass auch die palästinensische Kultur viel zu bieten hat und für andere eine Bereicherung sein kann. Ich will Mut und Hoffnung vermitteln.

Sie leiten hier auch Seminare für palästinensische und arabische Menschen zu gewaltfreier Kommunikation. Weshalb?

Menschen mit arabischen Wurzeln fühlen sich oft zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Ihre doppelte Identität macht ihnen Mühe. In den Seminaren geht es um den Umgang mit Wut, Angst und Ohnmacht. Ich will den Menschen hierzulande vermitteln, ihr Leben in der Schweiz zu lieben, und sie dazu ermutigen, ihre Aufgabe in der hiesigen Gesellschaft zu finden.

Veranstaltungen mit Sumaya Farhat-Naser 2017

31. Oktober, Pfarrsaal St. Ursen-Kathedrale Solothurn, Seilergasse 4, 4500 Solothurn, ab 19.30 Uhr

01. November, Reformierte Kirche Stettlen, Kirchgasse, 3066 Stettlen, ab 19.30 Uhr, Kontakt: Herr Christoph Jungen, Pfarramt(at)kirchestettlen.ch

06. November, Bider & Tanner Kulturhaus Basel, Aeschenvorstadt 2, 4010 Basel

08. November, Buechlade Martina Küng Hochdorf, Baldeggstrasse 4, 6280 Hochdorf, ab 19.00 Uhr, Kontakt: Frau Martina Küng, +41 41 910 27 27

13. November, Comundo im RomeroHaus Luzern, Kreuzbuchstrasse 44, 6006 Luzern

14. November, Evangelisch-reformiertes Pfarramt Winterthur Töss, Kontakt: Herr Helge Fiebig, +41 52 202 67 72

15. November, Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Leimental, Buttiweg 28, 4112 Flüh, Kontakt: Herr Armin Mettler, +41 61 303 09 10

16. November, Katholische Kirchgemeinde Binningen-Bottmingen, Margarethenstrasse 32, 4102 Binningen, Kontakt: Frau Ingrid Schell, i.schell(at)rkk-bibo.ch, +41 61 425 90 04

26. November, Hotel Kreuz Bern, Zeughausgasse 41, 3000 Bern 7

Weitere Daten zu den Veranstaltungen finden Sie hier.

Sumaya Farhat-Naser, 69

Die christliche Palästinenserin studierte in Deutschland und kehrte danach in ihre Heimat zurück. Die Menschenrechts- und Friedensaktivistin war Professorin für Botanik und Ökologie an der Universität Birzeit in Palästina. In ihren Büchern und Vorträgen berichtet sie über ihr Leben unter israelischer Besatzung. Ihr jüngstes Buch «Ein Leben für den Frieden» erschien diesen Frühling im Lenos-Verlag.