Bei der Musik-Spitex spielen Musikerinnen und Musiker live in den Stuben von Spitex-Klienten. Wieso haben Sie nicht auf ein Streaming-Angebot gesetzt?
Mirjam Toews: Weil ein Streaming-Konzert nie ein Live-Konzert ersetzen kann. Denn auch bei einem Streaming-Konzert sitzen die Menschen alleine im Wohnzimmer. Und genau um das Gesellige geht es bei der Musik-Spitex: Mit Musik durchbrechen wir die Einsamkeit in den eigenen vier Wänden. Wir besuchen die Menschen zu Hause und bringen anstatt eines Blumenstrausses, Musik nach Hause.
Sie waren mit Ihrer Bratsche auch für die Musik-Spitex unterwegs. Wie haben Sie die Besuche erlebt?
Das sind meist sehr intensive Begegnungen, weil man Einblicke in Schicksale erhält. Denn die Musik weckt bei Zuhörerinnen und Zuhörer oft Erinnerungen, die sie dann mit mir teilen. Das sind fröhliche, aber oft auch sehr traurige Momente. Als ich für die Musik-Spitex die ersten Konzerte gab, brauchte ich oft einen Tag, um die Begegnungen zu verarbeiten. Ich erinnere mich an einen sehr berührenden Moment: Ich spielte für einen Mann, dem es sehr schlecht ging. Wir gingen alle davon aus, dass dies sein letztes Konzert sein würde. Die Situation war bedrückend.