Polizei geniesst mehr Vertrauen als die Kirche

Umfrage

Die Resultate des jüngsten Sorgenbarometers zeigen, die Schweizer vertrauen immer weniger den Institutionen des Landes. So auch den Kirchen.

Das Vertrauen der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in die Institutionen der Schweiz ist deutlich kleiner als noch letztes Jahr. Das zeigt der jüngst publizierte Sorgenbarometer der Credit Suisse. Drastisch zeigt sich der Verlust bei der EU, den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden wie auch bei den politischen Parteien. Den grössten Vertrauensverlust jedoch erlitten die Kirchen: Sie schaffen es dieses Jahr noch auf den drittletzten Platz vor den politischen Parteien und den Gratiszeitungen.

Während 2017 die Befragten den Kirchen noch etwa gleich viel Vertrauen aussprachen wie der Politik, der Wirtschaft und den Behörden, ist bereits 2018 ein deutlicher Vertrauensverlust zu erkennen. Der Verlust um 25 Prozentpunkte in der diesjährigen Umfrage ist frappant.

Eine Organisation, in welche die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger weiterhin Vertrauen haben, ist die Polizei. Mit 72 Prozent konnte diese dazugewinnen und landet erneut auf dem ersten Platz der Umfrage – gefolgt vom Bundesgericht und der Schweizerischen Nationalbank.

(Illustration: gfs.bern, CS Sorgenbarometer, August 2019)

Vertrauen nicht in Zahlen messbar

«Vertrauen ist grundsätzlich nicht messbar als eine Quantität oder gar als eine Ware, die ‹angeboten› und gekauft werden kann. Denn Vertrauen entwickelt sich in Beziehungen und Beziehungen lassen sich nicht in Zahlen ausdrücken. Das gilt für das Vertrauen auf Gott ebenso wie für das Vertrauen zwischen Menschen – sei es in der Kirche oder anderswo», antwortet Katharina Dunigan vom Schweizerischen Kirchenbund (SEK) auf die Anfrage von «reformiert.», das Resultat zu interpretieren. 

Was muss geschehen, dass Schweizerinnen und Schweizer wieder mehr Vertrauen in die Kirchen erhalten? «Die Förderung des Vertrauens auf den Schöpfer und Erlöser der Welt ist die Hauptaufgabe der Kirche. Diese Aufgabe kann sie nur in der konkreten Beziehung zu Menschen, denen sie als begeisterte Vermittlerin der christlichen Lebensform begegnet», sagt die SEK-Sprecherin. «Wenn der ‹Sorgenbarometer› dazu dienen kann, die Kirche auf diese ihre fundamentale Aufgabe zu erinnern, dann hat er einem guten Zweck gedient», sagt Dunigan.

Christliches mehr hervorheben

Während die Kirchen beim Sorgenbarometer die hinteren Plätze belegen, befinden sich die evangelischen Landeskirchen beim Gemeinwohlatlas immer noch im vorderen Mittelfeld. Die evangelischen Kirchen schafften es beim Ranking von 110 Organisationen und Unternehmen auf Platz 23, die katholische Kirche auf Platz 84 («reformiert.» berichtete).

Führt man die Resultate des Sorgenbarometers und des Gemeinwohlatlas zusammen, könnte man sagen: Viele Menschen, die kein Vertrauen mehr in die Kirche haben, denken dennoch, dass die Kirche wichtig für die Gesellschaft sei.

SEK-Sprecherin Dunigan leitet daraus zwei Entwicklungsmöglichkeiten für die Kirchen ab: «Entweder wandelt sich die Institution Kirche immer mehr in Richtung einer wohltätigen Organisation, die ihren kirchlichen Charakter ablegt. Oder aber sie heben das spezifisch Christliche mehr hervor, so dass die Menschen besser wissen, wofür Kirchen eigentlich stehen.» Letzteres verfolgt der Schweizerische Kirchenbund.

 

Die Sorgen der Schweizer Bevölkerung

Neben der Vertrauensfrage will der Sorgenbarometer wissen, welches die grössten Sorgen von Schweizerinnen und Schweizern sind. Wie bereits 2018 sind es die Altersvorsorge, gefolgt vom Gesundheitswesen und den Ausländerinnen und Ausländern. Neu auf Platz vier kommt der Umweltschutz zu liegen. Und neu zählen die Befragten die persönliche Sicherheit und die Meinungsdifferenzen mit der EU zu ihren zehn Hauptsorgen.

Für den 43. Sorgenbarometer der Credit Suisse befragte das Forschungsinstitut gfs.bern 2495 Stimmberechtigte in der ganzen Schweiz zwischen dem 10. Juli und 5. August 2019.