Recherche 24. Oktober 2019, von Sandra Hohendahl-Tesch

Reformerin mit viel Herz für die Sache

Wahlen

Die neue Kirchenrätin Margrit Hugentobler treibt den Fusionsprozess voran ohne dabei das Wesentliche aus den Augen zu verlieren.

Am Tag der Wahl kommt sie gut gelaunt ins Zürcher Rathaus. Nervös sei sie nicht, aber froh, wenn es dann vorbei ist. Beschwingt und mit dem für sie typischen Lachen im Gesicht nimmt Margrit Hugentobler die Stufen zum Sitzungssaal. Seit zwölf Jahren vertritt die Präsidentin der Finanzkommission als Synodale den Bezirk Pfäffikon. Heute aber will sie noch eine andere Stufe nach Oben nehmen: In die Exekutive der Zürcher Landeskirche. Als Kirchenrätin möchte  sie endlich gestalten. «Es reizt mich nach all den Jahren in einer Behörde der Kantonalkirche zu arbeiten, die Sachen umsetzt», sagt Hugentobler. Ihr Plan geht auf. Die Synode wählt die 57-Jährige gegen Mittag mit dem zweitbesten Resultat. 

Die Kleinen in der Pflicht 

Hugentobler wurde vom Synodalverein als einzige Kandidatin portiert. Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen zeigen, dass sie durch alle Fraktionen hindurch Sympathien geniesst. Als sachlich und engagiert, bodenständig und herzlich wird sie beschrieben. Was die 57-Jährige für die neue Aufgabe auszeichnet, ist ihre jahrelange Erfahrung in den Kirchgemeinden. Als Angestellte und als Behördenmitglied. In Illnau-Effretikon hat sie seit mehr als zehn Jahren die administrative Leitung der Kirchge-meinde inne. In ihrer Wohngemeinde Pfäffikon amtet sie als Kirchenpflegepräsidentin. «Ich weiss recht genau wie eine Kirchgemeinde im Alltag tickt», sagt sie. 

Was ihr im Hinblick auf ihre neue Funktion besonders am Herzen liegt, ist «Kirchgemeindeplus». Kirchenrat und Synode hätten bereits die ersten Schritte gemacht. «Jetzt müssen wir durchbuchstabieren, was es vor Ort heisst.» Eine hochemotionale Angelegenheit sei es, ähnlich wie mit den schliessenden Quartierläden. Doch der Reformprozess sei bei der sich verändernden Ausgangslage mit weniger Kirchenmitgliedern und bei gleichzeitig steigenden Ansprüchen an die Vielfalt des kirchlichen Angebotes nun einmal nötig. «Punkt.» Hugentobler scheut sich nicht, unbeliebte Dinge anzusprechen. So nimmt sie auch die kleinen und finanzschwachen Kirchgemeinden in die Pflicht. «Jahrelang haben sie vom Fianzausgleich profitiert. Nun müssen sie eine aktive Rolle übernehmen, sich nach Partnern umschauen und Solidarität zeigen.» Auch die «recht hohen Pfarrlöhne» im Kanton Zürich hat die Budetverantwortliche im Visier: «Hier gibt es noch Potential für Einsparungen, wenn es dann eng wird.» 

Auf Umwegen reformiert 

Hugentoblers Werdegang ist so bunt wie der Strauss, der ihr nach der Wahl überreicht wird. Ursprünglich absolvierte sie eine Lehre als Verkäuferin und Kinderpflegerin. Nach einer Familienzeit mit vielen freiwilligen Tätigkeiten liess sich die dreifache Mutter zur Kauffrau ausbilden. Entscheidend in allem ist für sie der Glaube. Einst römisch-katholisch, dann im Chrischona-Gemeindeverband, steht Hugentobler nun schon seit 25 Jahren mit Überzeugung für die reformierte Landeskirche ein. Sie sei dankbar für die Glaubenserfahrungen in den anderen Kirchenverbänden. «Die Weite des reformierten Unterwegsseins möchte ich allerdings nicht mehr missen.» 

Für die reformierte Kirche der Zukunft wünscht sie sich, dass diese an Farbe gewinnt, am Puls der Zeit ist und keine Angst vor Veränderung hat. Bevor sie Ende Oktober mit der ersten Kirchenratssitzung ihre Arbeit aufnimmt, stösst Margrit Hugentobler aber erst einmal auf ihren Erfolg an – mit ihrem Mann Hanspeter Hugentobler, Zürcher EVP-Parteipräsident und Geschäftsführer der ERF-Medien. Er hat die Wahl von der Tribüne aus mitverfolgt. Danach verreisen die beiden für ein paar Tage nach Hamburg.