Wenn die Trauergäste in Scharen kommen

Letzte Ruhe

Abdankungen mit sehr vielen Teilnehmenden - wie bei tamilischen Feiern - stellen die Friedhofanlagen vor besondere Herausforderungen.

Burgdorf, die Stadt im Emmental, ist für hinduistische beziehungsweise tamilische Abdankungsfeiern nicht wirklich eingerichtet; die Infrastruktur stösst an ihre Kapazitätsgrenzen. Meist erscheint eine grosse bis sehr grosse Zahl Menschen aus der tamilischen Commu­nity, um einem ihrer Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. «Sie kommen aus der Region, aber auch aus der ganzen Schweiz», sagt Urs Lüthi, Chef der örtlichen Einwohner- und Sicherheitsdirektion. Das führe an den betreffenden Tagen zu Parkierungsproblemen und Einschränkungen im übrigen Friedhofbetrieb. Hinzu komme, dass sich der hinduistische Ritus in einem christlich konzipierten und eher kleinen Abdankungsgebäude nicht eins zu eins durchführen lasse.

Wenn man die jährliche Anzahl solcher Feiern in Burgdorf auch an einer Hand abzählen kann, sahen sich die Stadtbehörden dennoch veranlasst, ab August 2016 keine hinduistischen Abdankungen von auswärtigen Personen mehr zuzulassen. Man verweist die Trauerfamilien seither an den Bremgartenfriedhof in Bern. Hinduistische Familien aus Burgdorf können die heimische Anlage jedoch nach wie vor nutzen. Dabei müssen sie aber Regeln befolgen, die der Gemeinderat im vergangenen Herbst – nach Anhörung der tamilischen Gemeinschaft – erlassen hat.

Noch nicht zufrieden. Dieses Vorgehen wird im Rahmen eines zweijährigen Pilotversuchs getestet. Nicht ganz im Einklang mit Vertretern der tamilischen Interessen freilich, die das Angebot gerne auf die Hindus der ganzen Region ausgeweitet sähen. Sie argumentieren mit der regionalen Zentrumsfunktion von Burgdorf und dem Umstand, dass sich auch die tamilischen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ihrem Zentrum im Emmental identifizierten. Vorderhand bleibt die Stadt jedoch auf ihrem Standpunkt: «Burgdorf kann kein regionales Zentrum für hinduistische Abdankungen anbieten», fasst ein Schreiben die Haltung der Behörden zusammen.

Berns Bremgartenfriedhof bietet Abhilfe. Die dortige Abdankungskapelle mit 300 Sitzplätzen steht Angehörigen aller Weltreligionen offen. Das Angebot werde von tamilischen Familien in einem Umkreis von ungefähr 20 Kilometern genutzt, sagt Friedhofleiter Thomas Hug. Da sich auf dem Friedhofgelände auch das einzige Krematorium der Stadt befindet, sind alle Voraussetzungen für hinduistische Abdankungen gegeben, denn die Einäscherung des Verstorbenen ist wichtiger Teil der Zeremonie. Bei der Kapelle soll demnächst sogar eine der indischen Göttin Kali geweihte Stelle entstehen, wo nach der Kremation das spirituelle Reinigungsritual stattfinden kann.

In Bern finden mehr tamilische Abdankungen statt als noch vor zehn, zwölf Jahren. Nicht unbedingt, weil andere Gemeinden ihre tamilischen Bewohner zunehmend nach Bern verweisen, sondern, weil manche der ersten Einwanderer aus Sri Lanka nach und nach ins Sterbealter kommen.