Christiane Blank, der Klimawandel, der Krieg in Ukraine und Nahost und weitere Krisenherde verursachen derzeit besonders viele negative Schlagzeilen. Wie empfinden Sie die Weltlage?
Ich sehe sie als bedrohlich an und zugleich als Chance für einen Neuanfang. Wir merken, dass wir als Individuum, aber auch als Gesellschaft verletzlich sind, dass unser Wohl vom Wohl der anderen abhängt. Deshalb ist es erforderlich, eine Welt zu erschaffen, in der es möglichst vielen gut geht.
Sie haben ein Buch geschrieben mit dem Titel «Kreative Lebensbewältigung in Zeiten des Umbruchs». Was können wir tun?
Wir müssen die ausgetretenen Pfade verlassen, denn sie führen in die Irre. Unsere Konsum- und Leistungsgesellschaft ist gerade daran, ihre eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Und vielerorts wird immer noch versucht, Konflikte mit Gewalt zu lösen, was nie zu einem friedlichen Miteinander führt. Es braucht neue positive Utopien, einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel, als Basis für eine neue bessere Welt.
Angst und Sorge sind heute dementsprechend gross. Was geht in Menschen vor, wenn sie Krisensituationen durchleben?
Die Forschung zeigt, dass es gewisse Gesetzmässigkeiten gibt, wie wir auf persönliche oder kollektive Notlagen oder Umbrüche reagieren. So etwa beschreibt die deutsche Kulturwissenschaftlerin Erika Schuchardt acht Stufen der Krisenbewältigung. Sie variieren allerdings individuell und verlaufen nicht linear.
Welche Stufen sind das?
Zu Beginn fühlt man sich oft wie gelähmt, man verdrängt. Dann kann es zu einer Phase der Aggression kommen, zu einem Aufbäumen gegen die Umstände. Man versucht, zu verhandeln und sein Schicksal zu wenden. Glückt das nicht, folgen depressive Gefühle, wie: «Es ist alles verloren». Wichtig ist, dass in einer nächsten Stufe die Angst überwunden wird und die Situation akzeptiert werden kann. Dies ermöglicht, genauer hinsehen und zu erwägen, was zu tun ist. Schliesslich tritt man aus der Opferrolle heraus und beginnt, solidarisch zu leben.