Dass man über Gott, das Geheimnis der Welt, sprechen kann und als Theologe sprechen muss, weil Gott sich selbst zur Sprache gebracht hat, davon war Eberhard Jüngel überzeugt und dafür stritt er. Von 1966 bis 1969 lehrte er als Ordinarius für Systematische Theologie und Dogmengeschichte an unserer Fakultät und leitete das Institut für Hermeneutik. Obwohl er sich scheute, von «seiner Theologie» zu sprechen, hat er mit ihr Generationen von Pfarrpersonen geprägt und weit über den theologischen Raum hinaus Menschen für Theologie begeistert.
Seine glasklar argumentierenden Vorträge bei Akademien, Tagungen und Kirchgemeinden waren literarische Kunstwerke. Dass Theologie ein kritisches Gegenüber zur Kirche ist und in ökumenischer Verantwortung zu geschehen hat, betrachtete Jüngel als selbstverständlich. Erinnert sei an seine Beiträge zur Debatte um die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre zwischen Lutheranern und Katholiken wie auch an seinen epochalen Vortrag zu Mission und Evangelisation auf der EKD-Synode 1999, der er drei Jahrzehnte als berufenes Mitglied angehörte. Der ordinierte Theologe war ein begnadeter Prediger.