Video 06. Juni 2020, von Delf Bucher, Vera Kluser

Der Pfingstgeist flattert wie ein Schmetterling

Gottesdienst

Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Gottesdienstformen. Im Innenhof und auf den Balkonen feierten die Bewohner der Senevita-Residenz Nordlicht einen Pfingstgottesdienst.

Im lang gezogenen Bassin im Innenhof der Seniorenresidenz «Nordlicht» in Neu-Oerlikon spiegeln sich Schmetterlinge, die auf einem transparenten Tuch aufgeklebt sind. Jaqueline Ammon tanzt anmutig auf dem Beckenrand des Bassins. «Tanzt den Heiligen Geist!» hat Pfarrer und Seniorenseelsorger Markus Dietz am Ende seiner Predigt ausgerufen. Die bewegte und pulsierende heilige Geistkraft ist das Generalthema des Open-Air-Gottesdienstes für die Seniorinnen und Senioren, die sich mit Rollstühlen und Rollatoren oder auch ohne Gehhilfe eingefunden haben. Diese kleine Gemeinde wird noch ergänzt von den Zuschauerinnen und Zuhörern auf den Balkonen.

«Neue Pfingstzeit»

Schon einmal am Karfreitag ist Markus Dietz mit dem katholischen Diakon Alex Gonzales ausgedrückt, um in dieser Zeit der verordneten Quarantäne wie Jesus im Freien zu predigen. Und als am Pfingstmontag die ausserordentliche Lage zu einer besonderen herabgestuft wurde, rief Dietz die «neue Pfingstzeit» als Zeit der Bewegung aus. Natürlich war sich der Pfarrer bewusst: So schnell daher flitzen wie die zwei Buben hinter der Bühne mit ihren Skateboards können die Seniorinnen und Senioren nicht. Aber Dietz ermuntert sein Publikum «jemanden ein Lächeln zu schenken, jemanden zuzuwinken.» Überhaupt bewege sich der Mensch, so Dietz, «vom ersten Atemzug nach der Geburt bis zum Ende». Bewegt von der heiligen Geistkraft Gottes sei auch der Kosmos vom Urknall an. Von der bewegungslosen, vorpfingstlichen Corona–Zeit erzählt Angela Sgura , die Geschäftsführerin der Senevita Residenz Nordlicht. Sie lancierte im Anblick der tragischen Bilder aus Bergamo die Idee von den Open-Air-Gottesdiensten. «Anfangs war es für die Pflegebedürftigen überhaupt nicht möglich, sich im Innenhof zu bewegen», sagt Angela Sgura. Für die anderen Bewohnerinnen und Bewohner gab es nur einen kleinen Spaziergang mit Schutzmaske und in Begleitung des Pflegepersonals, genau geregelt nach Stundenplan, um der Distanzregel zu genügen. Angehörigen wiederum war der Besuch untersagt. Nur noch virtuelle Begegnung auf dem Monitor des Tablets waren möglich und im «Raum des Wiedersehens» eine Begegnung getrennt von Plexiglas. Deshalb ist es der Senevita-Leiterin auch so wichtig für Abwechslung zu sorgen.

Aufforderung zum Tanz

Zu den Klängen einer schwebenden Musik dreht die Tänzerin eine Runde ums Wasser. Harmonisch wellt sich die Schmetterlingsfahne über ihrem Kopf, fährt schliesslich auf Hüfthöhe an ihrem tanzenden Körper vorbei.  Jaqueline Ammon dreht nochmals eine Zusatzrunde und ausser Atem sagt sie zu den älteren Zuschauenden: «Nächstes Mal tanzen wir zusammen.»