Ehemalige Diplomatin leitet neu Haus der Religionen

Haus der Religionen

Laila Sheikh wird ab Juni das Haus der Religionen in Bern leiten. Die ehemalige Diplomatin ist in einem multireligiösen Umfeld aufgewachsen und möchte den Austausch fördern.

Die neu gewählte Geschäftsleiterin für das Haus der Religionen (HdR) in Bern ist dort eine alte Bekannte: Laila Sheikh ist seit anderthalb Jahren verantwortlich für das Programm der Institution und hat in dieser Funktion unter anderem die erfolgreichen Veranstaltungen zum Zehn-Jahr-Jubiläum 2024 organisiert. Davor war sie als Diplomatin im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) tätig.

«Ich möchte noch mehr Menschen ins Haus der Religionen bringen», sagt Laila Sheikh, von «reformiert». auf ihre Ziele als neue Geschäftsleiterin angesprochen. Ein Türöffner sei dabei sicher das beliebte interkulturelle Gastronomieangebot, das Restaurant Vanakam. In ihrer Zeit als Programmverantwortliche hat Sheikh festgestellt, dass das Interesse am Haus der Religionen bereits gross ist: «Die Nachfrage nach unserem Bildungsangebot übersteigt bei weitem unsere Kapazitäten.»

Aktuell führt das Haus der Religionen jährlich rund 350 Rundgänge und Workshops durch. Dieses Angebot möchte die neue Geschäftsleiterin ausbauen – gemeinsam mit den acht Religionsgemeinschaften, die das interreligiöse Zentrum im Westen der Stadt Bern mit Leben füllen.

Schweizweit einzigartig

Das Berner «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» probiert seit 2014 etwas Einzigartiges: Acht Religionsgemeinschaften praktizieren das Zusammenleben unter einem Dach und den Dialog mit der Öffentlichkeit. Denjenigen Religionsgemeinschaften, denen in Bern bisher keine eigenen angemessenen Räumlichkeiten für ihre Zeremonien zur Verfügung standen, bietet das Haus der Religionen am Europaplatz ein Zuhause. So haben Hindus, Muslim:innen, Christ:innen, Alevit:innen und Buddhist:innen hier ihre eigenen Religionsräume. Jüdinnen und Juden, Bahá’í und Sikhs beteiligen sich am inhaltlichen Programm. Das Herzstück des Hauses ist der Dialogbereich für Bildungsangebote, Familien- und Jugendarbeit, Ausstellungen, Vorträge, Diskussionsrunden und verschiedene kulturelle Veranstaltungen. Zudem bietet das Restaurant Vanakam ayurvedisch-koscheres Mittagessen, Kaffee sowie samstags ein monatlich wechselndes interkulturelles Brunch-Angebot.

www.haus-der-religionen.ch

Die Leitung im Haus der Religionen musste neu besetzt werden, weil die bisherigen Co-Geschäftsleiterinnen Karin Mykytjuk und Louise Graf per Ende Juli 2025 ihren Rücktritt erklärt hatten. Sie hätten sich unabhängig voneinander zu diesem Schritt entschieden und möchten beide neue berufliche Herausforderungen suchen, hält der Vorstand des HdR in einer Medienmitteilung fest. 

«Mit Laila Sheikh übernimmt eine versierte Führungspersönlichkeit mit grosser Erfahrung und gut gefülltem Rucksack die Leitung», sagt Johannes Matyassy, Präsident des Vorstandes. Leila Sheikh habe über viele Jahre in interkulturellen Kontexten gearbeitet und zudem das Haus der Religionen als Programmleiterin bestens kennengelernt. «Sie ist mit der zentralen Rolle und Bedeutung der Religionsgemeinschaften für das Haus vertraut.» 

Ich bin mit einer Vielfalt von religiös geprägten Lebensformen in Berührung gekommen.
Laila Sheikh, neue Leiterin HdR

Laila Sheikh ist die Tochter eines Pakistaners und einer Schweizerin. Sie wuchs im katholisch geprägten Kanton Freiburg auf und wurde muslimisch erzogen. «Meine schweizerische Verwandtschaft ist katholisch», erzählt sie. Sie habe sich immer für andere Religionen und Weltanschauungen interessiert. «Da ich bereits in verschiedenen Ländern gelebt habe, bin ich mit einer Vielfalt von religiös geprägten Lebensformen in Berührung gekommen.» Studiert hat Laila Sheikh Islamwissenschaften und Englische Literatur.

Auf das Haus der Religionen kämen in den nächsten Jahren auch Herausforderungen zu, sagt die 54-Jährige. Eine davon sei es, eine «langfristige und angemessene Grundfinanzierung» sicherzustellen. Die Non-Profit-Organisation wird von der öffentlichen Hand wie zum Beispiel der Stadt Bern und von kirchlichen Organisationen finanziell getragen. 

Die neue Geschäftsleiterin möchte noch besser aufzeigen, welch wichtigen Beitrag das Haus der Religionen für die gesamte Gesellschaft und den sozialen Frieden leistet. Ein wichtiger Pfeiler für die Institution sind und bleiben Freiwillige. «Wir haben das Privileg, auf sehr viele Menschen zählen zu können, die sich ehrenamtlich für das Haus der Religionen engagieren.» 

Unerfreuliches Kapitel abgeschlossen

Zuversichtlich ist Laila Sheikh, dass ein unerfreuliches Kapitel aus der Vergangenheit definitiv abgeschlossen ist: Das Haus der Religionen war Ende 2022 in die Schlagzeilen geraten, weil ein Imam in der Moschee im Haus Zwangsverheiratungen durchgeführt haben soll. Nach einer internen Untersuchung wurden strengere Verhaltensregeln für die Religionsgemeinschaften eingeführt und Kontrollen verstärkt. Zudem fanden Sensibilisierungskurse mit der Fachstelle Zwangsheirat statt («reformiert.» berichtete). Diese Kurse sollen weiterhin regelmässig angeboten werden für Personen, die neu Verantwortung in den Religionsgemeinschaften übernehmen.

«Zwangsheiraten werden im Haus der Religionen nicht wieder vorkommen», sagt Laila Sheikh. Unerlässlich ist es aus ihrer Sicht aber, dass weiterhin über das Thema informiert und diskutiert wird. Im Fokus bleiben müssten im Haus der Religionen – aber auch in der Gesellschaft – allgemein die Themen Gleichberechtigung und Gleichheit der Geschlechter.