Von der Idee zur Sehenswürdigkeit

Integration 

Vor 20 Jahren wurde der Grund­stein für das Haus der Religionen gelegt: die Vereinsgründung. Von Anfang an dabei war Gerda Hauck.

Heute ist es eine auf der Touristenkarte eingetragene Sehenswürdigkeit der Stadt Bern: das Haus der Religionen am Europaplatz. Das hat­te sich vor 20 Jahren noch kaum jemand vorstellen können. Damals, als Leute aus verschiedenen Religionsgemeinschaften den Verein Haus der Religionen gründeten. Im Juni 2012 erfolgte der Spatenstich. 2014 nahm das Haus der Religionen den Betrieb auf. Neben der muslimischen Gemeinschaft waren von Anfang an auch die Hindu-Gemeinde, die christ­lichen Kirchen, Buddhisten, die jüdische Gemeinde und die Bahai mit dabei. Später kamen die Sikhs und die Aleviten hinzu. Sie alle gestalten heute gemeinsam den Dialog, fünf haben einen Kultusraum.

«Als ich das erste Mal vom Projekt hörte, dachte ich: Wow, das Projekt ist genau richtig für unsere Zeit», erinnert sich Gerda Hauck, ehemalige Integrationsbeauftragte der Stadt Bern. Zwei Momente habe es aber gegeben, da habe sie durchaus kalte Füsse bekommen. Beide Male ginge es um Finanzierung. «Aber auch hier haben sich Dinge gefügt, und Menschen haben sich für das Projekt starkgemacht.»

Gerda Hauck

Gerda Hauck

Die gebürtige Kölnerin studierte an der Unviversität Fribourg  Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und promoviert 1972. Danach engagiert Beruflich engagierte sie sich hauptsächlich im sozialen Bereich, angefangen beim Bundesamt für Sozialversicherung. Sie arbeitete als ehrenamtliche Projektentwicklerin mit diversen Hilfswerken zusammen, war als Hilfswerkvertreterin im Asylverfahren tätig und Mitarbeiterin im Bereich Migration bei Caritas Bern.

2001 tritt sie die Stelle als Integrationsbeauftragten der Stadt Bern an. In dieser Funktion koordiniert Gerda Hauck die Geschäfte des Vereins «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» mit den verschiedenen Direktionen der städtischen Verwaltung. Dem Verein gehört sie seit 2002 an. Von 2007 bis 2017 präsidierte sie den Verein. Heute führt sie als Freiwillige Besucherinnen und Besucher durch das Haus der Religionen.

Wie in einer Familie

Die Katholikin ist dem Haus seit vielen Jahren verbunden. Sie war von der Idee bis zur Realisierung mit dabei, war Präsidentin des Vereins und führt heute noch als Freiwillige Gäste durch das Haus. Sie hat die Rückschläge und auch die Erfolge miterlebt. «Klar gab es Diskussionspunkte. Es ist nicht anders als in einer Familie oder einer Wohngemeinschaft.» Aber man respektiere einander, vertraue sich gegenseitig. Gestritten werde weniger über Fragen der Weltanschauung als über Alltagsprobleme wie Sauberkeit, Lärm oder Gerüche. «Das Haus der Religionen ist kein paradiesischer Ort», sagt die 77-jährige gebürtige Kölnerin mit leisem Scherz. «Das wäre langweilig.»

Corona hat auch im Haus der Religionen Spuren hinterlassen: Das Restaurant blieb geschlossen, Veranstaltungen und Führungen fielen aus. «Die Leitung macht aber einen tollen Job.» Hauck beobachtet einen Generationenwechsel: Vertreterinnen und Vertreter der Gründergeneration gehen in Pension. Junge Menschen der zweiten und dritten Generation rücken nach. Sie haben einen anderen Blick auf Religion und kulturelles Zusammenleben, stellt Gerda Hauck fest. Darin sieht sie ein grosses Potenzial. «Das Haus der Religionen ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Beide verändern sich ständig.»