Video 29. Oktober 2020, von Delf Bucher, Vera Kluser

Roboter «BlessU-2» segnet Rickenbacher

Digitalisierung

Segen per Mausklick: Auf dieses Experiment können sich jetzt die Neugierigen der Kirchgemeinde Rickenbach einlassen.

Frischen Wind erwartete die Kirchengemeinde Rickenbach von der neuen Pfarrerin Elke Räbiger. Nun hat die deutsche Seelsorgerin einen «special guest» aus ihrer Heimat eingeladen: den Segensroboter «BlessU-2». Das maschinelle Ungetüm mit der Lego-Physiognomie und den blinkenden Leuchtaugen soll vor allem eine wichtige Diskussion anstossen: Wie hält es die Kirche mit der Digitalisierung?

Metallblitzend, 1 Meter 80 gross, steht nun die Apparatur dort, wo bisher der Altar in der Kirche gestanden hat- Mit erhobenen Roboterarmen segnet «BlessU-2» all jene, die sich vor diesem Experiment nicht scheuen. Segenssprüchen hat er zuhauf gespeichert. Auf dem Touch-Screen, der so angeordnet ist wie beim Bankomat, lassen verschiedene Wahltasten zwischen Reisesegen, traditionellem oder aufmunterndem Segen wählen. Sprachlich ist der Automat ganz polyglott, spricht  auf Deutsch, Englisch, Französisch und auch Schweizerdeutsch.

Elke Räbiger bedauert, dass sie den Schweizer Dialekt nicht sprechen kann. Die warme und wohltemperierte Tonalität, so lobt sie die Sprache ihrer Wahlheimat, passe geradezu optimal für das Aufsagen von Segenssprüchen. Mit freundlicher Stimme sagt denn auch Monika Weiss und Peter Müller Segensprüche auf. Zuvor haben die beiden die Sprüche in Zürcher Dialekt übertragen.

Aber darf eine Maschine Segen spenden? Dies hat in Deutschland zu Protest vor Kirchen geführt und zu kontroversen Diskussionen. So argumentierte der Theologe Lukas Ohly auf dem Online-Portal der EKD «evangelisch.de» , dass mit dem Roboter die Grenzen zwischen menschlich und maschinell verschwömmen. «Der Roboter kann ein Segnen sein. Doch segnen kann nur der Mensch,» so Ohly. Elke Räbiger entgegnet, dass durchaus personale Stimmen den Segen sprächen - eben von Monika Weiss und Peter Müller. «Konsequenterweise müsste man auch bei TV- und Radiogottesdiensten am Schluss den Segen weglassen.»

Maschinenmann der Stunde

Zudem  betont sie, dass immer eine Person vom «Hüeti-Team« persönlich anwesend sei und die Segnungswilligen begleite. Aber sie will nicht verleugnen: Aufgrund des Mangels beim Pfarrnachwuchs könnten in Zukunft auch automatisierte Alternativen in der kirchlichen Seelsorge diskutiert werden. «Wenn meine Generation in zehn Jahren in Pension ist, dann fehlt uns der Nachwuchs.» Auch mache die Corona-Pandemie, in der den Pfarrpersonen selbst der Handschlag mit Kirchgängerinnen und Trostssuchenden verwehrt sei, den Roboter zum Maschinenmann der Stunde. Auf seiner Tournee macht BlessU-2» auch in der Stadtkirche Winterthur (2.- 8.11) und in Wülflingen (9.- 15.11) Halt.