Einst wurden Spitäler von Klöstern für Kranke, Arme und Pilger betrieben. Sich mit Heilpflanzen, Krankensalbungen und dem Gebet um Bedürftige zu kümmern, war im Mittelalter christliche Pflicht und Ausdruck gelebter Nächstenliebe.
Heute ist ein Spital ein Dienstleistungszentrum – oder eine «Gesundheitswelt», wie sich das Spital Zollikerberg nennt, das «reformiert.» für dieses Dossier besucht hat. In Kliniken werden Nasen und Hüften operiert, Tumore entfernt, Verunfallte aus entlegenen Gebieten mit dem Helikopter in den Notfall geflogen. Rund um die Uhr wird geboren, gelitten, geheilt und gestorben. 2023 kümmerten sich 243 524 Personen in 275 Krankenhäusern um die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung.
Reformation beschleunigte Entwicklung
Spitäler sind ein Abbild ihrer Zeit und grossen Veränderungen unterworfen. Bereits ab dem 13. Jahrhundert übernahmen vereinzelt Städte und Gemeinden die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung. Die Reformation beschleunigte diese Entwicklung. Das Personal blieb indes lange noch geistlich, in den Diakonissenwerken bis heute.
Im Lauf des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts machten Medizin und Hygiene grosse Fortschritte, nicht zuletzt dank den Patientinnen und Patienten, die den Ärzten und Studierenden als Übungsobjekte dienten und wenig zimperlich zu sein hatten. Als Folge davon, aber auch dank der Einführung der Krankenkassen erlebte das Spitalwesen im 20. Jahrhundert einen Boom: 1980 gab es in der Schweiz 470 Spitäler, was einen Rekord bedeutete. Und zugleich einen Wendepunkt. Seither wird fieberhaft versucht, die ausufernden Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Funktioniert hat das bisher kaum, auch nicht mit den Methoden von Marktwirtschaft und Wettbewerb.
Im Gegenteil: Die Kommerzialisierung beförderte den Personalnotstand in der Pflege und den Rückgang der Hausarztmedizin. Heute leiden vor allem die Pflegenden stark unter dem Spardruck, aber auch unter der Last einer aufgeblähten Bürokratie und unbeseitigten Fehlanreizen im System.
Ethik vor Ökonomie
Dazu kommt, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Spitäler Aktiengesellschaften sind und erwartet wird, dass diese Rendite abwerfen. Dies gelingt jedoch immer schlechter. 2023 verursachte der Spitalsektor Kosten von 36,1 Milliarden Franken – und erwirtschaftete ein Minus von 784 Millionen Franken, deutlich mehr als 2022, als es noch 288 Millionen waren.
Gerade scheint sich im Gesundheitswesen alles nur um Kosten und Rentabilität zu drehen. Selbst die Wirtschaft warnt inzwischen vor einer Fixierung auf die Finanzen. In einer Publikation zur Ausstellung «Hauptsache gesund» im Stapferhaus in Lenzburg sagt ein Vertreter des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, eine Ökonomisierung der Medizin schade mehr, als dass sie Kosten spare. Und fordert: «Ethische Prinzipien müssen den ökonomischen vorangestellt werden.»
Die Probleme sind erkannt und Lösungen liegen parat. Nun geht es darum, sie mutig umzusetzen. Denn Tatsache ist: Das Schweizer Gesundheitssystem gehört weltweit zu den besten – dank hoher medizinischer Qualität, modernen Spitälern und einem für alle guten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Auch dank zahlreichen Ärztinnen, Therapeuten und Pflegenden, die den Patientinnen und Patienten Orientierung geben und ihnen helfen, Diagnosen einzuordnen durch ihr Wissen, ihre Präsenz und nicht zuletzt durch Menschlichkeit. Dem gilt es Sorge zu tragen.