Wenn die Bank nicht weiterhilft und die Kirche zur Bank wird

Finanzen

Die Bürgschafts- und Darlehensgenossenschaft der Kirchgemeinden unterstützt  bei finanziellen Engpässen. Etwa bei der Finanzierung von Ausbildung oder Mietzinsdepot.

Versucht Stefan Müller seine Lage noch vor wenigen Monaten zu beschreiben, fällt ihm dieser Vergleich ein: «Es war, als sässe ich auf einer Goldgrube, aber mir fehlte die Schaufel, um den Schatz zu heben.» Müller, der eigentlich anders heisst, sitzt am Tisch der Bürgschafts- und Darlehensgenossenschaft der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden (Büda) und erzählt, wie ihn eine eigentlich erfreuliche Erbschaft fast die Existenz gekostet hat. 


Der selbstständige Grafiker hatte sein Elternhaus geerbt. Gern hätte er es verkauft, doch er konnte es sich nicht leisten, die Arbeit zu reduzieren, um es auszuräumen. Dann stand eine kostspielige Heizungsreparatur an, neben den laufenden Unterhaltskosten. «Ich hatte Angst, meine Miete nicht mehr zahlen zu können oder die Krankenkassenprämie.» In seiner Not bemühte er sich um einen Bankkredit, doch wegen seines geringen Einkommens hatte er keine Chance. «In solchen Fällen kommen meist nur noch fragwürdige Finanzinstitute mit horrenden Zinsen infrage», sagt Büda-Geschäftsführerin Martina Köchli-Wyss. Bleibt man beim Goldgruben-Bild, hat sie Müller die Schaufel gereicht. Als sich der Grafiker meldete, Unterlagen einreichte und Köchli-Wyss die Immobilie besichtigte, gewährte die Büda ein Darlehen von 30 000 Franken. Der Jahreszinssatz wurde bei 1,5 Prozent festgesetzt. 

Wir könnten noch mehr Menschen helfen und das ist mir ein Anliegen
Büda-Geschäftsführerin Martina Köchli-Wyss

Müllers Fall ist exemplarisch für das Wirken der Büda, die 1949 gegründet wurde und seitdem Mitgliedern der reformierten Kirche im Kanton Zürich finanziell unter die Arme greift. Sie hilft mit Bürgschaften und Darlehen, für den Kauf oder die Renovierung von Wohn- und Gewerbeliegenschaften. Oder für die Aus- und Weiterbildung, etwa bei einem Zweitstudium. Immer häufiger gewähre die Büda nun auch Darlehen für Mietkautionen, sagt die passionierte Treuhänderin Köchli-Wyss. Der angespannte Wohnungsmarkt und die Teuerung erschwerten Umzüge, betroffen seien vor allem alleinerziehende, ältere oder beeinträchtigte Personen. 


Zuletzt hatte die Büda wechselhafte Jahre hinter sich. 2022 verlor sie das Patronat der Landeskirche, getragen wird sie von verschiedenen Kirchgemeinden, die pro Mitglied einen Rappenbetrag für den Betrieb der Geschäftsstelle entrichten. Auch machten die vergleichsweise hohen Zinsen das Angebot der Büda zeitweise unattraktiv.
Geschäftsführerin und Vorstand planen nun einen Neuanfang, wollen mit Zinssätzen von 1,5 oder 2,5 Prozent neue Kunden gewinnen, etwa mit den Themen Mietzins- oder Ausbildungsfinanzierung. Im letzten Jahr liefen 15 grössere Darlehen mit einer Gesamtsumme von gut 300 000 Franken, hinzu kamen 15 über kleine Beträge. Doch es wäre noch ein Vielfaches an Geld vorhanden. «Wir könnten noch mehr Menschen helfen und das ist mir ein Anliegen», sagt Köchli-Wyss. 

Eine genaue Prüfung

Wiederholt hat Köchli-Wyss erlebt, dass Menschen in die reformierte Kirche eintreten, um Hilfe zu erhalten. Die Mitgliedschaft ist Voraussetzung. Den grossen Vorteil der Büda sieht Köchli-Wyss darin, dass sie, anders als Banken, nicht zwingenderweise Sicherheiten braucht, aber Antragssteller genau anschaut. Ab und an sind abschlägige Bescheide die Folge: «Etwa wenn ich merke, dass die Person ihre Finanzen nicht im Griff hat und ein Fass ohne Boden droht». Oder wenn eigentlich staatliche Stellen helfen müssten.
Stefan Müller wird wohl nur eine kurze Geschäftsbeziehung mit der Büda pflegen. Zuletzt kam er gut voran mit dem Ausräumen. Er rechnet damit, das Haus im Mai zu verkaufen und das im Februar aufgenommene Darlehen dann schon wieder zurückzuzahlen.