Investoren aus Industrieländern finanzieren Kredite für die Ärmsten der Welt, denen keine Bank Geld geben will – aus dieser Idee heraus entstanden in den 70er-Jahren Mikrofinanzkredite. Ganz vorn dabei: die Kirchen. 1975 gründeten sie auf Initiative des Ökumenischen Rats der Kirchen die «Ecumenical Development Cooperative Society». 68 Kirchen wurden damals Mitglieder. Zwischenzeitlich änderte die Genossenschaft mit Sitz in den Niederlanden ihren Namen. Als «Oikocredit» feiert sie 2025 nun ihr 50-jähriges Bestehen.
Die Vision, die Welt mit Investitionen gerechter zu machen, treibt heute mehr Menschen um als noch vor 50 Jahren. Der Impact-Investment-Spezialist Tameo schätzte das Marktvolumen für Investitionen, die eine messbare positive soziale und ökologische Wirkung erzielen, 2023 weltweit auf 95 Milliarden USDollar. Oikocredit ist über die Jahre gewachsen, rund 53 Millionen Menschen erreichte die Genossenschaft nach eigenen Angaben 2023. Doch mit einer Bilanzsumme von rund 1,15 Milliarden Euro ist sie ein kleiner Marktteilnehmer.
Ein gesättigter Markt
«Mittlerweile handelt es sich um einen gesättigten Markt», erklärt Annette Krauss, Mikrofinanzexpertin an der Universität Zürich. «Darum steht die Finanzierung der reinen Vergabe von Mikrokrediten nicht mehr im Vordergrund, und Investoren suchen sich vermehrt neue Tätigkeitsfelder.»
So auch Oikocredit. Zwar ver- gibt die Genossenschaft via Partner in Schwellen- und Entwicklungsländern nach wie vor Kredite an Kleinunternehmen oder an Gewerbetreibende und unterstützt sie so, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Seit Jahren gehe es aber vermehrt darum, Menschen mittels Partnerfirmen Zugang zu weiteren Finanzund Versicherungsdienstleistungen zu ermöglichen, etwa einem eigenen Konto, so Mirjam ’t Lam, die Geschäftsführerin von Oikocredit International. Mit 76 Prozent macht dieses sogenannte inklusive Finanzwesen den Grossteil der Geschäftstätigkeit aus, gefolgt von Landwirtschaft und erneuerbaren Energien.
Inskünftig sollen diese Bereiche mehr Gewicht erhalten. ’t Lam verweist im Gespräch mit «reformiert.» auf Herausforderungen durch Klimawandel, Krisen und Kriege. «Deswegen passen wir unsere Geschäftsstrategie an, bemühen uns etwa, die Menschen vermehrt dazu zu befähigen, mit den Auswirkungen des Klimawandels klarzukommen.» Es geht um Themen wie die Finanzierung von Bewässerung, aber auch Bildung, zum Beispiel im Hinblick auf anderes Saatgut oder neue Anbauzyklen.