Andreas Krummenacher: Richtig – die journalistischen Standards sind gegeben, ihnen gilt es nachzuleben. Für mich heisst das: Jeder soll angehört, verschiedene Quellen sollen konsultiert werden. Aber meine persönlichen Überzeugungen, die habe ich, die kann ich nicht verleugnen. Und selbstverständlich fällt dies bei der Würdigung der recherchierten Fakten ins Gewicht, oft auch unbewusst. Vielleicht ist es je nachdem tatsächlich etwas einfacher, seine Überzeugungen bei einer kirchlichen Zeitung zu leben als bei einem säkularen Nachrichtenmedium. Über allem aber steht die Leitlinie, dass ich Journalist bin, kein Aktivist.
Andreas Krummenacher, im säkularen Journalismus sind es vor allem zahlkräftige Inserenten, die auf Redaktionen Einfluss nehmen wollen. Wie ist es beim «Pfarrblatt»?
Wir werden von den Kirchgemeinden finanziert, und diese sind mit unserer Arbeit zufrieden. Es kommt kaum zu Versuchen, inhaltlich Einfluss zu nehmen. Manchmal wurde ich von Lesern, mit denen ich am Telefon über einen Beitrag kontrovers diskutierte, schon subtil daran erinnert, wer meinen Lohn bezahlt, aber direkt und als offenes Druckmittel wurde dies nie ausgespielt. Wir geniessen grosse publizistische Freiheit.
Kirchenzeitungen sind Marken, die noch immer vor allem als Printprodukte wahrgenommen werden. Denken Sie, dass kirchliche Publizistik eine digitale Zukunft hat?
Andreas Krummenacher: In unserer Sparte kommen wir digital niemals auf die Zahlen, wie wir sie im Print haben. Die Leserin, der Leser muss das Produkt in die Hand nehmen, um es wahrzunehmen und dann auch zu lesen. Die Leute haben das Blatt ja nicht persönlich abonniert, das tut die Pfarrei für sie. Deshalb denke ich, dass es die Kirchenzeitungen noch sehr lange in der gedruckten Form geben wird. Aber digital sehe ich schon interessante Möglichkeiten. So lässt sich zum Beispiel auf Social Media mit etwas Investition in Werbung eine gezielte Feinadressierung vornehmen, wie sie im Print kaum möglich ist.
Annalena Müller: Ich denke, das Digitale ist die Zukunft. Gerade über die digitalen Kanäle lässt sich ein Publikum ausserhalb der kirchlichen Kreise ansprechen. Mit schneller und kompetenter Online-Präsenz bringt man seine Expertise in einer breiten Öffentlichkeit zur Geltung und wird auch von säkularen Medien als Kompetenzzentrum wahrgenommen. Ich würde aber nie nur digital fahren wollen. Das «Pfarrblatt» ist und bleibt im Kern ein gedrucktes Magazin.
Andreas Krummenacher, Sie waren stets sehr ökumenisch unterwegs. Eine Folge der Diaspora-Situation oder persönliches Anliegen?
Persönliches Grundanliegen, ganz klar. Gemäss der Bibelstelle im Johannesevangelium: «Doch nicht nur für diese hier bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben: dass sie alle eins seien, so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir.» Langfristig bleibt uns Christenmenschen in diesen säkularen Zeiten ja nichts anderes übrig, als zusammenzustehen, voneinander zu lernen und unsere Stärken zu bündeln.
Annalena Müller: Ökumene – ja, unbedingt und selbstverständlich. Das gilt auch für mich.
Sie bekommen zufällig die Gelegenheit, rasch den Papst zu treffen und über diese Begegnung zu schreiben. Sie dürfen dem Pontifex aber nur eine einzige Frage stellen. Die wäre?
Annalena Müller: Das ist eine schwierig Frage. Aber wenn ich die Chance hätte, würde wohl fragen: «Was hält Sie zurück, Papst Franziskus?»
Andreas Krummenacher: Als Historiker hätte ich viele Fragen, die ich ihm stellen möchte. Aber was als Journalist, der dann auch noch über diese Begegnung schreiben sollte? Schwierig, schwierig. Ich würde ihn wohl ganz unprätentiös nach seiner Gesundheit fragen.