Ihr Buch über Papst Franziskus trägt den Titel «Papst der Enttäuschungen. Warum Franziskus kein Reformer ist». Warum?
Michael Meier: Dieser Papst hat sehr viel Zeichen gesetzt und Aussagen getätigt, die auf Reformen schliessen lassen. Zum Beispiel sein berühmter Satz über einen Homosexuellen: «Wer bin ich, ihn zu verurteilen?» Auch beim Thema «gemeinsames Abendmahl mit den Reformierten» hat er keine Taten folgen lassen. Es blieb bei Zeichen und schönen Aussagen.
Beim Thema Frauen in der katholischen Kirche wird das ja ganz besonders augenscheinlich.
Genau. Oft wird gesagt: Niemand hätte so viele Frauen in der Kurie ernannt. Zudem haben Frauen Stimmrecht an den Bischofssynoden erhalten. Papst Franziskus bekundet immer wieder sein Wohlwollen gegenüber Frauen. Wenn man allerdings sein Lehrschreiben Quaerida Amazonia von 2020 liest, dann sagt er dort klipp und klar, dass Frauen nicht die Ämter und Dienste anstreben können, die die Weihe voraussetzen. Machtausübung stehe dem Mann zu, das Marianische, der dienende Aspekt, sei das spezifisch Weibliche. Deshalb ist es für mich eine Mogelpackung, wenn er Expertenkommissionen zum Frauendiakonat einberuft.