Der Papst redet in seiner Autobiografie den Bedeutungsverlust des Christentums keineswegs schön; er sieht die Kirche mit einem Übergang von einem «systemrelevanten» zu einem «Minderheiten-Christentum» konfrontiert. Das erfordere Mut zur Veränderung und entsprechend vehement fallen die Appelle an seine Gefolgschaft aus: «Erstarrung ist Sektierertum» heisst es da, man müsse «raus aus der Komfortzone», «aus der Starre heraustreten». Der Autor nutzt gern plakative Metaphern, gleich mehrmals lautet sein Aufruf: «Brücken bauen statt Mauern» – ganz wie es sich für einen Ponti-fex (Brückenmacher) gehört.
In der Geschichte der Kirche sieht sich der Friedenspilger und Armenpapst selbst als «nur einen Schritt». In seinem Selbstverständnis ist er viel mehr «Diener der Diener Gottes» und «Bischof von Rom», nicht Stellvertreter Christi auf Erden. Und er sieht es offenbar als wichtigen Dienst an seinen Dienern, ihnen in Sachen Mut zum Wandel ins Gewissen zu reden. Einiges ist durchaus auch als Wink an die Kritiker und Gegner in den eigenen Reihen zu verstehen.
Die Kirche müsse kreativer werden, schreibt er beispielsweise, müsse die Herausforderungen der Zeit verstehen und an ihnen wachsen. «Sie muss sich dem Dialog öffnen, statt sich in der Angst zu verschliessen. Eine verschlossene, ängstliche Kirche ist eine tote Kirche.» Eines seiner Lieblingszitate lautet: «Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.» Er sieht das Heil nicht im Bruch mit dem Überlieferten, sondern das Tradierte garantiert für ihn auch die Zukunft.
So wünscht er sich für das Papsttum künftig wieder eine Rolle «wie im ersten Jahrtausend». Der Weg in die Zukunft scheint für ihn also im «Back to the Roots» zu liegen – und so ist in Franziskus' Lebensbilanz leider auch nicht wirklich ein visionärer Ausweg aus der alten Erstarrung der katholischen Kirche zwischen Althergebrachtem und Notwendigkeit zur Modernisierung erkennbar.
Trotzdem kratzt der Papst am alten Selbstverständnis dogmatischer, katholischer Glaubenshierarchien, wenn er sagt, der Glaube brauche «weder Kontrolleure, noch Aufseher oder Wärter». Wer «Hoffe» liest, erhält den Eindruck, dass Franziskus trotz allem davon überzeugt ist, dass ein Wandel nötig ist – dass dieser still und leise vonstatten gehen könnte, scheint er dabei nicht zu erwarten: «Wir müssen Vertrauen haben in den heiligen Geist, der Motor und Führung der Kirche ist und immer Lärm macht.»