Glaube 30. März 2024, von Rita Famos

Die grosse Trotz-Kraft

Gastbeitrag

Obwohl sie ihn zum Schweigen bringen wollten, lebt seine Botschaft weiter. Jesus ist auferstanden und wir sind seit 2000 Jahren mit der Trotz-Kraft von Ostern unterwegs.

Sie wollten ihn töten. Damals, in Jerusalem. «Sie» waren die Machthabenden in Religion und Politik. Die Besatzungsmacht hat ihn ans Kreuz genagelt. Zusammen mit Verbrechern. «Er» war Jesus von Nazareth, der Zimmermannssohn. Er war zu gefährlich geworden. Weil die Menschen durch ihn Kraft schöpften, geheilt wurden, neu anfangen durften, selbstbewusst und aufmüpfig wurden.  

Eine politische Gefahr

Das Establishment wurde unruhig, weil er Dinge neu sah, Altes hinterfragte und in ein neues Licht stellte. Weil die Menschen berührt wurden von dem, was er tat und verkündete, und ihm in Scharen nachfolgten. Er war zur politischen Gefahr geworden. Sie haben ihn getötet, damals an einem Freitag, begraben an einem Samstag – aber am Sonntag war sein Grab leer.

Er wurde auferweckt und lebt weiter: in Gott, in unseren Herzen, in unseren Gedanken, in unseren Taten. Wir hörten nicht auf, in ihm Gott zu erkennen und durch ihn Gott zu begegnen, uns zusammenzutun, ihm nachzufolgen, uns seine Worte zu Herzen zu nehmen, neu anzufangen.  

Den Trümmerfeldern zugewandt

Deshalb sind wir seit 2000 Jahren mit dieser Trotz-Kraft Ostern im Herzen unterwegs. Wir schreiben auf unsere Grabsteine: «Ich lebe, auch wenn ich sterbe.» Kriege, Katastrophen, Krisen brechen weiter über uns herein. Aber wir wenden uns den Trümmerfeldern zu, um Häuser und Städte wieder aufzubauen. Wir kümmern uns um Trauernde und suchen mit ihnen Schritt für Schritt den Weg zurück ins Leben. Wir versuchen, die Welt mit seinen Augen zu sehen, und bieten weiterhin, wenn es nötig ist, dem Establishment die Stirn.  

Rita Famos

Pfarrerin Rita Famos ist seit 2021 Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) und seit 2023 Mitglied im Zentralausschuss des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK). Zuvor hat Famos in der reformierten Kirche des Kantons Zürich die Abteilung Spezialseelsorge geleitet. Bereits von 2011 bis 2014 war sie Mitglied der Exekutive des Kirchenbunds, der Vorgängerorganisation der EKS.

«Wir», das sind die Christenmenschen rund um den Erdball. Die evangelische Gemeinde in Aleppo zum Beispiel. Sie hat ihre Kirche mehrmals wieder aufgebaut, weil das der Ort ist, wo Menschen in der Gemeinschaft mit Gott und den Glaubensgeschwistern die Trotz-Kraft Ostern tanken, um im Kriegsgebiet Syriens nicht aufzugeben.  

Die Kraft des Glaubens

Die evangelischen Gemeinden im Mittleren Osten hören nicht auf, unter schwierigsten Umständen den Kindern unabhängig von ihrer Glaubenszugehörigkeit wöchentlich einen Safe-Space zu öffnen. Mitten in Armut, Zerstörung und Angst erzählen sie ihnen die Hoffnungsgeschichten, singen mit ihnen, spielen mit ihnen und geben ihnen eine warme Mahlzeit.

Alexei Nawalny hat sich dank der Kraft des Glaubens von den Schergen Putins nicht verbiegen lassen, und seine Freunde bleiben über seinen Tod hinaus standhaft.

Das Grab ist leer

Hier in der Schweiz sind wir glücklicherweise verschont von Krieg und Zerstörung. Wir unterstützen unsere Schwestern und Brüder weltweit in ihrem Umsetzen der Osterkraft: Unser Hilfswerk Heks setzt sich im Auftrag der Kirche weiterhin ein für die humanitäre Hilfe im Kriegsgebiet der Ukraine und im Gazastreifen und an vielen weiteren Orten des Schreckens – weil da Hoffnung in uns ist. Die Hoffnung auf den, den sie ans Kreuz genagelt haben, aber nicht töten konnten.

Aber auch rund um uns gibt es viele Orte, wo unsere eigene Oster-Trotz-Kraft bitter nötig ist. Wir dürfen nicht aufhören, uns und unseren Kindern und Enkeln jeden Frühling die Geschichte vom leeren Grab zu erzählen. Im Feiern, Singen, Beten, Fröhlichsein die Begegnung mit dem Auferstandenen zu suchen und uns anstecken zu lassen von der Trotz-Kraft Ostern, die nicht aufhört zu hoffen auf die Auferweckung – auch in unseren Tagen.  

Eine neue Zeit

Wir sammeln so die Kräfte, die uns in dunklen Tagen helfen. Denn auch in dunklen Tagen halten wir fest an der Ahnung, dass das Beste noch kommt. Dass Gott etwas wecken wird, was wir nicht erahnen, was alle unsere Vorstellungen übertrumpft. Eines Morgens als Stimme, die uns sagt: «Fürchte dich nicht!» Und es so sagt, dass wir wissen, dass jetzt eine neue Zeit anbricht.