Recherche 25. September 2020, von Thomas Illi

Aargauer Landeskirche will nicht mehr in Aktien investieren

Aargauer Synode

Mit einem neuen Finanzreglement verbietet sich die Aargauer Landeskirche inskünftig Aktienanlagen. Die Auswirkungen auf die Ertragsentwicklung sind noch weitgehend unbekannt.

Das im September von der Synode einstimmig verabschiedete «Reglement für den Finanzhaushalt» geht zurück auf eine Motion des Mellinger Synodalen Hans-Peter Tschanz, welche am 6. Juni 2018 überwiesen worden war. Sie erteilte dem Kirchenrat den Auftrag, allgemeine Regeln zur Rechnungslegung sowie Richtlinien zur Verbuchung und Darstellung der Vorgänge in der Rechnung festzulegen.

Nur noch «risikoarme» Anlagen

Mit dem neuen Finanzreglement wurden aber Einschränkungen der Anlagemöglichkeiten  beschlossen: Erlaubt sind inskünftig nur noch «risikoarme» Anlagen. Laut dem Reglement sind das «Forderungen mit guter Bonität in Schweizerfranken, die auf einen festen Geldbetrag lauten», Geldmarktanlagen mit einer Laufzeit von bis zu zwölf Monaten,  Kassenobligationen sowie Anleihensobligationen. Grundsätzlich nicht mehr möglich, obwohl nicht explizit erwähnt, sind damit Anlagen in Aktien oder Anteilen an Fonds, die Aktien enthalten. Als Ausnahmen dürfen lediglich Aktien oder Genossenschaftsanteile erworben werden, «sofern dies kirchlichen, sozialen oder strategischen Zwecken dient».

Mit dieser neuen Regelung weiss sich die Landeskirche im Einklang mit den Anlagevorschriften für öffentliche Gelder beim Kanton Aargau und bei den Aargauer Gemeinden. Die Regelung gilt nicht nur für die landeskirchlichen Dienste, sondern auch für das kirchliche Dienstleistungszentrum DLZ, die Heimgärten, das Seminarhaus Rügel und die Zeitung «reformiert.».

Genauer Aktienbestand noch unbekannt

Weitgehend noch unbekannt sind allerdings die konkreten Auswirkungen der restriktiven Anlagevorschriften auf die Rechnung, namentlich die Ertragsentwicklung, wie Petra Schär, Bereichsleiterin Zentrale Dienste und Finanzen bei der Landeskirche bestätigt. «Reine Aktienanlagen haben wir keine, der grösste Teil unserer Anlagen ist in festverzinslichen Wertpapieren und ein Teil in Fonds angelegt. In den Fonds befinden sich teilweise natürlich auch Aktien, aber sicher weniger als 20 Prozent.» Die Finanzabteilung werde nun bis Ende Jahr «das ganze Paket sorgfältig prüfen und im Anschluss die nötigen Massnahmen treffen».

Gemäss der von der September-Synode ebenfalls einstimmig verabschiedeten Rechnung der Landeskirche umfasste das Fonds-Portefeuille der Landeskirche per Ende 2019 Anteile mit einem Anschaffungswert von 2,173 Millionen Franken. 20 Prozent davon wären rund 434 000 Franken, die nach den neuen Regeln umgeschichtet werden müssten.  1,5 Millionen Franken waren in festverzinslichen Papieren angelegt. Über wesentliche Wertschriftenbestände verfügen auch das Tagungshaus Rügel mit Fondsanteilen im Anschaffungswert von 926 500 Franken sowie die Zeitung «reformiert.» mit einem in der publizierten Rechnung nicht näher spezifierten Portefeuille von rund 1,391 Millionen Franken.

Sparmassnahmen angekündigt

Auch wenn noch gerechnet werden muss: Sicher wird die neue Regelung die mit sinkenden Mitgliederzahlen und Steuereinahmen belastete Finanzlage weiter unter Druck setzen. In der Mitarbeitendenzeitung «a+o» kündigte der Kirchenrat im Oktober für den Finanzplan 2021 bis 2024 bereits verstärkte Sparanstrengungen an: Bis Anfang 2024 soll das Budget der Landeskirche gegenüber 2020 um 5 bis 8 Prozent reduziert werden. Gespart werden soll bei den Beiträgen an kirchliche Werke und soziale Organisationen, bei Beteiligungen an gemeinsamen Aufgaben und Stellen, aber auch bei den Sachkosten und beim Personalaufwand.

Mehrere Kandidaturen für den Kirchenrat

Die nächste Synode steht am 18. November an. Spannung verspricht die Ersatzwahl für den zurücktretenden Kirchenrat Martin Keller: Beim Synodenbüro sind bereits mehrere Kandidaturen angemeldet worden. Aus Unterentfelden kandidiert Pfarrer Christian Bieri, aus Muri-Sins Pfarrer Michael Rahn, aus Gränichen Pfarrer Raffael Sommerhalder und aus Lenzburg Pfarrerin Susanne Ziegler. Eine fünfte Kandidatin, Pfarrerin Cindy Studer aus der Kirchgemeinde Kelleramt, hat ihre Kandidatur zurückgezogen. Die Fraktionen beraten Anfang November, wen sie unterstützen wollen.