Recherche 25. September 2020, von Rita Gianelli

Jede Woche besucht Anita Eyre Joos eine syrische Familie.

Integration

Anita Joos Eyre erzählt, warum sie jede Woche eine syrische Familie im Rahmen des Projektes «eins zu eins» beim Schweizerischen Roten Kreuz Graubünden, besucht.

Wie sind Sie auf das Schweizerische Rote Kreuz Graubünden aufmerksam geworden?
Anita Joos Eyre: Durch ein Inserat in der «Bündner Woche». Andere Kulturen interessieren mich. Ich habe 20 Jahre im Ausland gelebt und kam mit vielen verschiedenen Kulturen in Berührung was für mich sehr bereichernd war. Deshalb kenne ich auch die Schwierigkeit, sich in einer anderen Kultur zurechtzufinden und wollte mich deshalb hier in der Schweiz dafür engagieren.
 
War es auch für Sie schwierig, sich zurück in der Schweiz wieder einzuleben?
Absolut. Und für Ausländer kann es einfach länger dauern, bis sie jemanden in der Schweiz richtig kennenlernen. Menschen aus anderen Kulturen können oft herzlicher und offener andern gegenüber sein. So war auch der Empfang der syrischen Familie, als ich sie zum ersten Mal traf. Ich wurde von allen herzlich begrüsst und kaum sass ich, begannen sie für mich zu kochen.

Das Schweizerische Rote Kreuz Graubünden hat mehrere Projekte. Warum wählten Sie ausgerechnet «eins zu eins»?
Weil es ein Projekt ist, das Menschen ermöglicht, Fuss zu fassen in einer neuen Kultur und wir sie dabei unterstützen dürfen. In Landquart zum Beispiel gibt es Wohnhäuser, in denen nur Ausländer wohnen. Wie sollen sie da Kontakt zu Schweizern knüpfen? Dabei wollen viele Ausländer sich in die neue Kultur integrieren. Es war mir auch wichtig, dass meine Tochter die Vielfalt anderer Kulturen kennenlernen kann, weil es die Toleranz fördert.
 
Was ist Ihre Aufgabe als Freiwillige bei «eins zu eins»?
Einmal pro Woche für zwei Stunden unterstütze ich die syrische Familie beim Deutschlernen, in ihrem Zuhause. Dann essen wir zuerst zusammen, die Mutter kocht hervorragend, und unterhalten uns über alles Mög­liche auf Deutsch. Mein Aufgabe ist hauptsächlich die Konversation. Wir besprechen Alltagsthemen, wie die Eltern ihre Kinder für die Jugi oder den Schwimmunterricht anmelden können.

Was bereitet den Menschen am meisten Probleme?
Die Integration in das alltägliche Leben und die Sprache. Sie lernen sehr wenig Schweizer kennen, dabei wollen die meisten das so sehr. Sehen Sie, die von mir betreute syrische Familie flüchtete von Syrien in den Libanon und kam dann direkt nach Tinizong im Oberhalbstein. Die Bewohner von Tinizong nahmen sie rasch und herzlich auf, da sie dort praktisch die einzigen Ausländer waren. Für die syrische Familie war das sehr schön. Die Menschen gingen auf sie zu, weil sie aus dem Ausland kamen. Sie lernten in Tinizong viel schneller Schweizer kennen als in Landquart. Leider mussten sie umziehen, weil das Dorf romanischsprachig und zu abgelegen ist, um den Deutschkurs in Chur besuchen zu können. Nun sind sie seit einem Jahr in Landquart und bemühen sich täglich Kontakt zu knüpfen, was ihnen nicht immer leicht fällt, da auch die Sprache ein Hindernis ist.

Welche Voraussetzungen braucht es für ein solches Engagement?
Offenheit und das Interesse an anderen Denkweisen.

Was können wir denn voneinander lernen?
Im Allgemeinen würde ich sagen, dass wir alle lernen sollten mehr aufeinander zuzugehen und Vorurteile beiseite zu legen. Wir können so viel voneinander lernen wenn wir offen sind und miteinander reden. Uns verbindet viel mehr als wir es zuerst annehmen.

Was bringt Ihnen dieses freiwillige Engagement?
Diese Menschen sitzen so oft am kürzeren Hebel. Ihnen mit wenig Aufwand helfen zu können, ist für mich eine grosse Bereicherung; vor allem auch eine kulinarische (lacht).

Anita Joos Eyre, 47

Die gebürtige Flimserin wohnt mit ihrem amerikanischen Ehemann und der Tochter seit 2 Jahren in Malans. Davor lebte die Familie in New York, wo Anita Joos Eyre im Marketing für internationale Modelabels arbeitete. Seit einem Jahr engagiert sie sich beim SRK Graubünden im Projekt «eins zu eins – Alltagsintegration für Flüchtlinge». 081 258 45 71, www.srk-gr.ch