Ein Leuchtturm für die Kirche

Diakonie

Die Zürcher Kirchenpflege unterstützt die Idee, das sanierungsbedürftige Kirchgemeinde-haus Wipkingen zum Haus der Diakonie um-zubauen. Die Streetchurch soll den Betrieb leiten.

Philipp Nussbaumer kennt fast jeden Winkel im Kirchgemeindehaus Zürich-Wipkingen. Der Geschäftsführer der Streetchurch geht mit Kirchenpflegerin Claudia Bretscher durch verwaiste Sitzungszimmer und leere Büros. Wer sich nicht auskennt, verirrt sich leicht. Im Gebäude riecht es nach Leerstand, obwohl es teilweise noch genutzt wird.

Streetchurch braucht mehr Platz

Der grosse Saal, in dem auch Gottesdienste gefeiert werden können, wird gerade für die Aufnahmeprüfung der Gymnasien eingerichtet. Ausserdem ist das Zentrum der Migrationskirchen hier zu Hause, ihm gehören acht Gemeinden an.

Mit dem markanten, denkmalgeschützten Bau an der Westtangente hat die Kirchenpflege Grosses vor. An der Sitzung vom 11. März hat sie sich grundsätzlich hinter das Projekt «Haus der Diakonie» gestellt. Die Streetchurch, die jetzt an der Badenerstrasse untergebracht ist, soll an die Rosengartenstrasse ziehen und den Betrieb übernehmen. Sie bietet bereits Gottesdienste und betreutes Wohnen, Arbeitsintegrationsprojekte sowie eine niederschwellige Anlaufstelle an. Ebenfalls einziehen soll die kirchliche Sozialberatung. Als Projektleiter sucht Nussbaumer weitere Partner.

Gemeinsam an einem Tisch

Ein Gastronomieangebot ist bereits gesetzt. Nussbaumer knüpft damit an das Diakonie-Konzept der Landeskirche an, das die Tischgemeinschaft ins Zentrum stellt. «Tragende Gemeinschaft leben, gelingendes Leben entdecken»: So beschreibt er die Vision. Entscheidend sei, dass alle Nutzer diese Vision mittragen.

Das Haus richte sich auf hilfsbedürftige Menschen aus und sei zugleich Begegnungsort für alle, sagt Grossmünsterpfarrer Christoph Sig­rist. «Hilfesuchende und Hilfeleistende finden zu einer Gemeinschaft zusammen.» Sigrist ist auch in Bern Professor für Diakoniewissenschaft und begleitet das Projekt wissenschaftlich. Er ist überzeugt, dass die Streetchurch der Aufgabe gewachsen ist: «Sie verfügt über die Kompetenz, soziale Arbeit theologisch zu begründen und mit christlichem Gemeindeleben zu verbinden.»

Möglichst viele sollen mitreden

Noch liegen Stolpersteine auf dem Weg zum Haus der Diakonie. Ende Jahr stimmt das Kirchgemeindeparlament über einen Projektierungskredit ab. Für den Winter 2022 ist die Volksabstimmung vorgesehen.

Bis dahin will die Kirchenpflege möglichst viele Akteure aus Stadt und Kirche einbeziehen. «Wenn wir ein neues reformiertes Volkshaus konzipieren, ist der Beteiligungsprozess entscheidend», sagt Bretscher, die in der Kirchenpflege das Ressort Diakonie verantwortet.

Saniert werden muss sowieso

Ob das Zentrum der Migrationskirchen an seinem Standort bleibt, ist noch unklar. Platz habe es genug, betont Bretscher. «Vielleicht ergeben sich auch woanders besser geeignete Räume.» Zügeln müssen die Migrationsgemeinden nämlich sowieso, da das Kirchgemeindehaus für geschätzte 17 Millionen Franken saniert werden muss. Der Ausbau zum Haus der Diakonie würde nochmals 8 Millionen kosten.

Nun stehen Bretscher und Nussbaumer auf dem kleinen Balkon des grossen Saals und geniessen den Ausblick auf die Stadt. Am Horizont zeichnen sich die Alpen ab. Mit dem Haus der Diakonie könne die Kirche «einen Leuchtturm bauen, der ihre Präsenz in der Gesellschaft sichtbar macht», sagt Bretscher. Eigentlich steht er schon, er muss nur neu belebt