Der grüne Güggel soll bald von jedem Kirchturm krähen

Nachhaltigkeit

Synode und Kirchenrat wollen mit einem Kredit von 2,5 Millionen Franken das Label «Grüner Güggel» in allen Gemeinden etablieren. Langfristig soll die Kirche CO2-neutral werden.

National ist es gescheitert, der Kanton Zürich nahm das CO2-Gesetz aber mit 55 Prozent der Stimmen an. Die Abstimmung vom 13. Juni war ein herber Schlag für die Mehrheit der Kantonsbevölkerung, die sich wegen des Klimawandels sorgt.Das Parlament der reformierten Landeskirche will, dass die Kirche vorwärtsmacht bei der Nachhaltigkeit. Kirchgemeinden sollen mit einem Rahmenkredit von 2,5 Millionen Franken in den nächsten fünf Jahren dabei unterstützt werden, das Umweltmanagement-Label «Grüner Güggel» einzuführen.

Der Kirchenrat nahm eine entsprechende Motion entgegen. Zuvor hatte sich Motionärin Monica Müller (Synodalverein) mit Änderungsvorschlägen einverstanden erklärt. Mit der flächendeckenden Einführung des Umweltlabels zeige die Kirche, dass sie «Ernst macht und sich mit dem Ziel der Bewahrung der Schöpfung identifiziert», sagte Kirchenrätin Esther Straub zu «reformiert.». Zudem setze sie ein Signal, dass sie sich nicht zurücklehne und auf staatliche Vorgaben warte, sondern die Situation dringlich einschätze – so wie die Mehrheit der Kantonsbevölkerung.

Die Bevölkerung mitnehmen

Dass der «Grüne Güggel» in absehbarer Zeit auf die Traktandenliste kommt, war klar. Die Legislaturziele des Kirchenrates umfassen ein verbindliches Umweltmanagement. Die Klima-Motion fordert zusätzlich zum Rahmenkredit, dass das Thema Nachhaltigkeit in jeder Gemeinde einem Kirchenpflegeressort zugewiesen wird. Auch sollen sämtliche Gemeinden den Energieverbrauch ihrer Immobilien und ihre CO2-Bilanz in einer Umweltmanagement-Software, dem Grünen Datenkonto, erfassen. So will die Landeskirche eine Übersicht erhalten, um dann konkrete Emissionsziele und Absenkungspfade zu definieren.

Das Label, das in der Schweiz bisher 34 reformierte und katholische Gemeinden tragen, gibt keine Emissionsziele vor. Der «Grüne Güggel» soll die Ökobilanz kontinuierlich verbessern. Massnahmen sind etwa, beim Einkauf auf Nachhaltigkeit zu achten, Food-Waste zu vermeiden, das Heizen zu optimieren. «Das Label ist niederschwellig und bezieht fast alle Bereiche der Gemeindearbeit mit ein», sagt Monica Müller, deren Kirchgemeinde Dietlikon sich schon um den «Grünen Güggel» bemüht. Weil das Label Mitarbeitende von der Sigristin bis zum Diakon zur Auseinandersetzung mit Umweltthemen anhalte, könne es in die Bevölkerung ausstrahlen. Müller hofft, dass es zu einem «Haltungswandel» beiträgt.

Die Kirche zeigt, dass sie Ernst macht und sich mit dem Ziel der Bewahrung der Schöpfung identifiziert.
Esther Straub, Kirchenrätin

Bereits jetzt fördert die Landeskirche die Zertifizierung, sie ermöglicht Kirchgemeinden, den Prozess in 18 Monaten gemeinsam zu durchlaufen und so Kosten zu sparen. Ein erster «Konvoi» mit sieben Gemeinden sowie den Gesamtkirchlichen Diensten startete im Frühjahr, ein zweiter ist im Herbst geplant. Auch wird die Ausbildung von internen Umweltmanagement-Beratern subventioniert, die ihre Kirchgemeinde begleiten. So fallen externe Beratungskosten weg.

Für Ausbildung und Leitung der Konvois ist die Kirche eine Leistungsvereinbarung mit dem Verein Oeku Kirchen für die Umwelt eingegangen. Je nach Grösse müssen Gemeinden mit Kosten von 4000 bis 6000 Franken rechnen.  Mehr als die Kosten bereitet Interessenten der Personalaufwand Sorgen, wie bei einer Informationsveranstaltung deutlich wurde. Insbesondere in der Kirchgemeinde Zürich sind Mitarbeitende schwer mit der Fusion beschäftigt. Die Landeskirche hofft, dass zumindest einzelne Kirchenkreise starten. Der Aufwand für die Erstzertifizierung belaufe sich auf ein Pensum von knapp zehn Prozent während 18 Monaten, heisst es seitens Oeku.

Hürden für die Umsetzung

Wie der «Grüne Güggel» langfristig dazu führen kann, dass sich die Gemeinden ehrgeizigere Ziele setzen, beweist die Kirchgemeinde Stäfa. Sie erhielt bereits 2016 das Label und wurde zuletzt rezertifiziert. Andreas Erni, Kirchgemeindeschreiber und Umweltbeauftragter, nennt die Zertifizierung eine Weichenstellung. «Wichtige Entscheide werden erst getroffen, wenn sie sowieso anstehen», etwa bei der Erneuerung der Heizung oder der Vergabe externer Aufträge. Inzwischen prüft die Kirchgemeinde, ob sie bis 2030 CO2-neutral werden kann.

Auf ein Netto-null-Ziel der Landeskirche will sich Kirchenrätin Esther Straub noch nicht festlegen. Klar ist, dass die Landeskirche den Gemeinden den «Grünen Güggel» oder einen Absenkungspfad nicht vorschreiben kann. Dazu wäre eine Verordnung nötig, die wiederum die Kirchensynode beschliessen müsste. Auch eine Änderung der Kirchenordnung wäre Straub zufolge sinnvoll.