Unter Protest den Vorstand verlassen

Dialog

Die interreligiöse Organisation Iras Cotis steckt nach dem Angriff auf Israel in der Krise. Eine erste Aussprache endete ergebnislos.

Ein Blick zurück: Am 4. November machte die Zeitung «NZZ am Sonntag» publik, dass Rifa’at Lenzin, Präsidentin von Iras Cotis, Mitglied bei der Gesellschaft Schweiz-Palästina (GSP) ist. Eigentlich hätten das alle längst wissen können. 

Nachdem er für die Recherche befragt worden war, trat Jonathan Kreutner, der den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) im Iras-Cotis-Vorstand vertrat, unter Protest aus dem Gremium zurück. Die GSP sei israelfeindlich und habe nach der Terrorattacke der Hamas einen verstörenden und antisemitischen Vergleich zwischen Gaza und Auschwitz auf ihrer Website publiziert. Der Beitrag wurde inzwischen wieder gelöscht.

Vorzeigeprojekt der Kirchen
Iras Cotis ist ein interreligiöses Vorzeigeprojekt, in dem alle Weltreligionen vertreten sind. Finanziell wird es massgebend von reformierter und katholischer Seite getragen.  

Als der Artikel erschien, startete gerade die Woche der Religionen, die Iras Cotis seit 2007 an vielen Orten in der Schweiz koordiniert. Am selben Wochenende begann auch die dreitägige Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). Zum Eröffnungsgottesdienst war Ralph Lewin, Präsident des SIG, für ein Grusswort eingeladen. Am Rand ging er dabei auch auf die Probleme bei Iras Cotis ein und betonte seine Hoffnung, dass sie gelöst werden: «Der interreligiöse Dialog ist wichtig für uns, er muss jedoch auf einer vertrauensvollen Basis beruhen.» 

Der Zürcher Delegierte, Kirchenratspräsident Michel Müller, beantragte der EKS-Synode eine dringliche Resolution, dass Lenzin so nicht tragbar sei. Christoph Knoch, Berner Delegierter und Vizepräsident von Iras Cotis, hielt erfolgreich dagegen und versprach, der Vorstand werde die Frage intern behandeln.

Bisher unbestritten 
Die Islamwissenschaftlerin Rifa’at Lenzin gilt als Pionierin des interreligiösen Dialogs. Seit 2012 leitet sie Iras Cotis und noch länger ist sie Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR. Zudem präsidiert Lenzin den Verein Quams für muslimische Seelsorge, ein viel beachtetes Projekt des Kantons Zürich und der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich. Von keiner Seite wurde ihre Integrität bisher infrage gestellt

Noch nie kam mir der Nahostkonflikt so nah. Ich hoffe, wir überstehen diese Zerreissprobe.
Christoph Knoch, Vizepräsident Iras Cotis

Am 17. November traf sich dann der Ausschuss von Iras Cotis zur Mediation. Die Hauptpersonen: Rifa’at Lenzin, die aus der GSP austreten oder als Präsidentin zurücktreten sollte. Und Jonathan Kreutner, der diesen Schritt von ihr fordert. 

Mit dabei waren der reformierte Pfarrer und Vizepräsident Christoph Knoch, katholische und hinduistische Vorstandsmitglieder sowie Geschäftsführerin Katja Joho.

Organisationen bleiben 
Noch endete die Aussprache ohne Resultat. Die Beteiligten haben sich auf folgendes Statement geeinigt: «Der Vorstandsausschuss von Iras Cotis ist in alter Zusammensetzung zusammengekommen und hat einen konstruktiven Dialog begonnen, er wird diesen zeitnah fortsetzen. Ein solcher Prozess braucht Zeit.» 

Keine der fünf jüdischen Mitgliedorganisationen haben Iras Cotis bisher verlassen. Und alle Beteiligten wollen weiterreden. Als Profis schulden sie das dem interreligiösen Dialog auch.