Die Liebe zu ihrer Heimat trägt Liliane Waldner am Körper: Auf ihrem roten T-Shirt prangen das weisse Kreuz, ein Bernhardiner und ein Alphornbläser. Noch mehr ins -Auge als das T-Shirt sticht aber ihr Gang. Langsam und mit steifen Beinen geht sie vorwärts, lange Teleskopstöcke immer einen halben Meter vor sich zur Stabilisierung. Ab und an will der rechte Fuss nicht so, wie sie es gern hätte. «Aber er ist trotzdem ein Guter, und das sage ich ihm auch», sagt Waldner und lacht.
Die steifen Beine, der störrische Fuss: Sie sind die offensichtlichen Spuren, die die Multiple Sklerose über Jahrzehnte an Waldner hinterlassen hat. Und trotzdem tragen die Beine die 69-Jährige durch die ganze Schweiz, entlang von Flüssen bis hin zu deren Quelle. Tausende Kilometer ist sie in den letzten Jahren gelaufen, 79 Flüsse hat sie erwandert und die Erkundungen auf dem Blog «Flussfrau» dokumentiert.
An diesem Freitagmorgen ist Liliane Waldner auf dem Weg zu ihrem «Fluss des Herzens», der Sihl. Von der Postautohaltestelle Neuheim Tal geht es noch auf asphaltiertem Weg an Bauernhöfen vorbei. Dann das erste Rauschen, der Weg wird kieselig, es geht leicht bergab in den Wald zum Fluss.