Recherche 08. September 2016, von Sandra Hohendahl-Tesch

Helfen, wenn die Eltern den Halt verlieren

Diakonie

Diakonie-Projekt der Kirche: Wenn eine Mutter oder ein Vater psychisch erkrankt, helfen Freiwillige den Kindern, den Alltag zu bewältigen

Wenn eine Mutter oder ein Vater psychisch erkrankt, leiden vor allem auch die Kinder. Um ihnen zu helfen, hat die reformierte Landeskirche Zürich vor anderthalb Jahren das Projekt SOS-Kinderbetreuung in der Region Winterthur ins Leben gerufen. Freiwillige unterstützen im Ernstfall die Familien und sorgen für Stabilität. Am 1. September haben sich nun erstmals am Projekt beteiligte Fachleute auf einem Podium ausgetauscht.

Sie erörterten die Frage, wie die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen am besten gelingen kann. Moderator und Re­daktionsleiter von «reformiert.zürich», Felix Reich, wollte wissen, warum das neue Angebot nötig und sinnvoll ist.

Professorin Kitty Cassée vom Institut wirksame Jugendhilfe Kompetenzhoch3 und verantwortlich für die Schulung der Helfer: «Freiwillige sind schnell verfügbar und können den Fokus auf Kinder und Haushalt legen, ohne mit ihrer professionellen Rolle in Konflikt zu geraten.»

Die auf kirchlicher Seite für das Projekt zuständige Gerda Zbinden ergänzte: «Die Eltern müssen nicht fürchten, dass ihnen die Kinder weggenommen werden. Das niederschwellige Angebot schliesst eine wichtige Lücke». Generell sei die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen, sehr hoch, bestätigte aus ärztlicher Perspektive Kirstin Vielhaber Haefliger, die eine Frauenspezifische Sprechstunde am Spital führt: «Den Frauen wird eingeschärft, dass die Zeit nach der Geburt die schönste des Lebens ist. Sie schämen sich, wenn sie in eine Depression fallen.»

Einfach mal ins Kino. Entscheidend für das Gelingen des Projekts ist die Ausbildung der Freiwilligen – darin waren sich alle einig. Cassée: «Sie brauchen ein Schutzgewand, um sich abzugrenzen.»

Auf Reichs Frage, ob die Helfer die Krankheit der Eltern thematisieren sollen, antwortete Kinderpsychologin Brigitte Lunardi: «Die Freiwilligen sind für die Kinder da, nicht für die Krankheit. Die Kinder wollen ja gerade etwas anderes machen und ins Schwimmbad oder Kino gehen, statt sich ständig mit Psychiatrie zu beschäftigen.»