Einmal mehr beweist Rafik Schami, dass er ein brillanter Erzähler ist. Wer «Sami und der Wunsch nach Freiheit» zu lesen beginnt, wird das Buch, in dem sich eine packende Story an die andere reiht, um dann gleich einem Mosaik ein stimmiges Ganzes zu bilden, wohl nicht so schnell beiseitelegen.
Es handelt von den unzertrennlichen Freunden Sami und Scharif. In ärmlichen Verhältnissen wachsen die beiden syrischen Jungs in einer verwinkelten Gasse im Christenviertel von Damaskus auf, überstehen mit raffinierten Tricks die Schule und verbringen viel Zeit mit dem weisen Postboten Elias, dem «besten Lautespieler aller Zeiten». Sami, der 2012 nach Deutschland flieht und bei Freunden des Autors Unterschlupf findet, erzählt rückblickend von seinen Abenteuern mit Sami. Seine mündlichen Überlieferungen bilden das Fundament des Romans.
Was der Held der Geschichte Sami nicht erträgt, ist Unrecht. Furchtlos stürzt er sich in jedes Abenteuer und das, obwohl er «klein und dürr» ist. Im Laufe der Zeit holt er sich so viele Narben und Schrammen, deren Geschichten gewissermassen den roten Faden bilden.
Einmal fordert Sami den Vater zum Kampf auf, als dieser seine Mutter verprügeln will. Trotz der nächtlichen Ausgangssperre wagt er es, seine todkranke Cousine zu besuchen. Nur mit viel Glück entkommt er bei einer Personenkontrolle den Schergen des Geheimdiensts, trägt aber ein blutiges Kinn und ein blaues Auge davon.
Und natürlich geht es im Roman auch um die Liebe, Samis grösste, wenn auch unsichtbare Narbe, wie es heisst: Für die angebetete Josephine, eine Tochter aus reichem Haus, riskiert er sein Leben, als er ihr verspricht, ihren regimekritischen Bruder aus dem Gefangenenlager in Palmyra zu befreien.
Doch dann gerät das Land ins Wanken, «überall demonstrierten Menschen, vor allem Jugendliche.»
Verlorenes Paradies
Verhaftungen und Bespitzelungen, Verrat und Folter sorgen für ein Klima der Angst in Assads Land. Doch gleichsam nebenbei zeichnet der in Deutschland lebende, syrische Exilautor auch ein zärtliches Bild von seiner Heimat. So schreibt er etwa vom Hammam als «der Kathedrale der Träume». Als die Mütter den langsam zu Männern heranreifenden Jungen den Zutritt verwehren, kommt es diesen «wie eine Vertreibung aus dem Paradies» vor.
Rafik Schami hat den Roman «den tapferen Kindern von Daraa, die im Frühling 2011 rebellierten», gewidmet. Es ist zwar ein Jugendbuch (ab 14 Jahren), vermag aber auch Erwachsene zu begeistern.
Rafik Schami: Sami und der Wunsch nach Freiheit. Beltz & Gelberg, 2017, 326 Seiten