«Hattet ihr schon eine Begegnung der dritten Art?» In einer Facebookgruppe lese ich diese Frage einer Frau. Über 100 Personen haben geantwortet. Ich lese von Schatten, die durch Wohnungsflure huschen, von Träumen, die die Geburt eines Mädchens ankündigen, von bösen Ahnungen, die tatsächlich wahr wurden. Echt? Sind es nicht Zufälle, mit Bedeutung aufgeladen?
Ich lege das Handy zur Seite und lasse meinen Blick auf dem Lieblingsbild in meiner Wohnung ruhen: dem Gemälde einer Gebirgskette und deren Spiegelung im Wasser. Die Berge darin sehe ich schon lange nicht mehr, stattdessen Figuren, die nur zufällig bergartige Formen zu haben scheinen: den Kopf eines Elefanten, ein zorniges Gesicht, sogar ein Zifferblatt. Meine Freundin, die das Bild malte, sagt aber, das seien Zufallsmuster.
Ich glaube weder an Gedankenübertragung, Wahrsagerei noch Begegnungen der «dritten Art». Doch ebenso kann ich fast nicht glauben, dass meine Freundin die Berge mithilfe zufällig angeordneter Striche gemalt hat. Warum sehe ich nur die Muster darin? Bin ich Menschen, die an Gedankenübertragung glauben, weil die Mutter zufällig im richtigen Moment anruft, etwa gar nicht so unähnlich? Und ist diese Überinterpretation von Zufällen vielleicht sogar eine Grundlage für religiöse Überzeugungen?