Sie sind eine Frau, homosexuell, katholisch und seit letztem Dezember Geschäftsführerin der «Allianz Gleichwürdig Katholisch», die sich für eine offene katholische Kirche einsetzt. Sie haben sich viel vorgenommen.
Mentari Baumann: Ja, das kann man sagen (lacht). Es ist sicher so, dass ich in meiner Person verschiedene Dinge vereine, die nicht repräsentativ sind für das gängige Bild der Römisch-Katholischen Kirche. Aber das ist ja genau das, was wir von der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» erreichen wollen. Wir wollen, dass auch Frauen, queere Menschen oder Männer, die nicht geweiht sind, ihren Platz in dieser Kirche haben; wir wollen eine Kirche, die den Grundsatz «gleiche Würde – gleiche Rechte» lebt. Das ist auch mir persönlich ein grosses Anliegen, und deshalb setze ich mich beruflich und privat dafür ein. Mit diesem Anliegen bin ich nicht alleine. Uns ist aber bewusst, dass dies kein einfacher Weg sein wird.
Weil in der katholischen Kirche nach wie vor ältere Männer das Sagen haben?
Das ist in der Tat so; wie eigentlich in vielen anderen Bereichen auch. Das Problem dabei sind ja nicht zwingend die einzelnen Männer selbst, sondern die Bedingungen und Strukturen dahinter. Es haben ausschliesslich Männer die Möglichkeit, in Positionen zu gelangen, in denen sie mitreden, mitentscheiden und mitgestalten können. Schaut man sich aber die Pfarreien an, sieht man, dass es vorwiegend Frauen sind, die sich engagieren und das kirchliche Gemeindeleben am Laufen erhalten. Es herrscht nach wie vor ein grosses Ungleichgewicht.
Hat sich im Bereich Gleichberechtigung in den letzten Jahren noch nicht viel verbessert?
Viele Frauen, die sich bereits lange für die Gleichberechtigung in der Katholischen Kirche einsetzen, sagen mir, es habe sich nur wenig getan. Ich bin noch ganz frisch dabei und sehe das nicht ganz so negativ. Ich glaube, unser Anliegen ist in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit angekommen und gewinnt an Sichtbarkeit. Menschen mit Reformanliegen organisieren sich und bilden Netzwerke, auch über Sprach- und Landesgrenzen hinweg. Initiativen wie «OutInChurch», «Gleichberechtigung.Punkt.Amen» oder «Maria 2.0» erreichen viele Menschen, in- und ausserhalb der katholischen Bubble. Das zeigt vielen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Wünschen für die Kirche. Das war nicht immer so. Zudem gibt es in vielen Pfarrgemeinden durchaus Frauen, die Leitungsaufgaben innehaben und mitentscheiden können. Aber man muss ganz klar sagen, dass das noch längst keine Gleichstellung ist.