Die Pandemie beherrschte im vergangenen Frühling den Alltag und die Berichterstattung weltweit. Nicht auszumalen, wenn die Menschheit statt vom mässig aggressiven Coronavirus von der fürchterlichen Pest heimgesucht worden wäre, ohne ein Mittel dagegen zu haben. Diese – heute heilbare – Infektionskrankheit, der im Mittelalter und der frühen Neuzeit in grossen Wellen auftrat, hat unbehandelt eine Sterberate von 40 bis 60 Prozent, in manchen Fällen bis zu 100 Prozent. Die Pest suchte im Jahr 1519 auch Zürich heim. Einige Quellen sprechen von einem Viertel, andere sogar von der Hälfte der Zürcher Bevölkerung, die an dieser Epidemie starb.
Dürftige Quellenlage
Auch der Reformator Huldrych Zwingli erkrankte Ende September 1519 an der Seuche. Allzu grosse Hoffnung auf Genesung durfte sich der 35-Jährige nicht machen. Im Oktober rang er mit dem Tod, doch wie durch ein Wunder ging es ihm ab Anfang November wieder besser, und Ende Dezember vermeldete er in einem Brief an einen Freund seine Genesung. Noch ein Jahr lang litt er aber an den Folgen der überstandenen schweren Krankheit. Zum Glück war es «nur» die Beulenpest, die in der Limmatstadt gewütet hatte; die Lungenpest hätte Zwingli mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht überlebt.