Wenn die Kirche zum Date einlädt

Partnerschaft

Das Pfarrteam der reformierten Kirche Stäfa brachte Singles zum Kennenlernen zusammen. Zwei Teilnehmende zeigen sich zufrieden.

«Dieses Jahr verheissen wir grad mal zwei Stäfner Pärchen den Ehesegen.» Das sei schlichtweg zu wenig, schrieben die beiden Pfarrerinnen Diana Trinkner und Monika Götte in der Einladung zum Speed-Datin­g auf Kirchenbänken am 17. Juli. Mit der Kennenlernaktion wollten sie nicht in erster Linie die Kirchenwerbetrommel rühren und zum Heiraten aufrufen. Sie kenne viele Leute, die unfreiwillig Singles seien, sagt Trinkner. «Wir hoffen einfach, ein paar Menschen einander näherzubringen»

Der Single-Abend. Mit ihrer Einladung lagen die Pfarrerinnen jedenfalls richtig. Immer mehr junge und alte Frauen und Männer kommen an diesem lauen Sommerabend hoch zur Stäfner Kirche. Der Blick auf den tiefblauen See ist hinreissend, man hat sich schön gemacht trägt luftige Kleider, die Stimmung ist entspannt und erwartungsvoll zugleich.

Sibylle Gambini findet die Kennenlern­aktion witzig, sie zeige, dass die Kirche anders sei, als viele Leute meinten. An diesem Abend ihren Traummann zu finden – daran glaubt die 45-Jährige nicht. Aber sie will die Idee unterstützen. «Ich finde es gut, wenn die Kirche offen und unkonventionell auf die Leute zugeht.» Klaus Trottmann freut sich auf das Abenteuer, auf das er sich gleich einlassen wird. Als er die Einladung las, zögerte er erst, sich anzumelden. Tags darauf wurde ihm bewusst: «Irgendwann musst du raus aus deinem Schneckenhaus.»

Über fünfzig Frauen und Männer zwischen 26 und 84 sitzen inzwischen nach Altersgruppen geordnet in den Kirchenbänken. Sie werden nicht wie geplant von Diana Trinkner begrüsst, die notfallmässig ins Spital musste, sondern von ihrem Pfarrkollegen. Beim Spontaneinsatz beweist Michael Stollwerk Showmasterqualitäten. Er singt – «Everybody needs somebody» – und führt launig durch das von Trinkner vorbereitete Ken­nenlernprogramm. Zu allerlei Aussagen – tiefgründigen und spassigen – tun die Anwesenden mit grüner und roter Karte ihre Zustimmung oder Ablehnung kund. Und bekommen so schon einen ersten Eindruck voneinander.

Weil die Alterspanne zu gross und die Zahl der angemeldeten Männer zu klein war, passte das Pfarrteam der Anlass an. Auf das geplante Speed-Dating, bei dem sich eine Frau und ein Mann in ähnlichem Alter gegenübersitzen und in kurzer Zeit möglichst viel übereinander he­rausfinden müssen, wurde verzichtet. Stattdes­sen wartet nach der Kennenlernrunde ein gemeinsames Apéro auf der lauschigen Terrasse neben der Kirche. Die Singles ziehen nach draussen, heften sich unterwegs ein Vornamensschild an und kommen rasch ins Gespräch.

Die Bilanz. «Es war ein netter Abend mit netten Leuten, aber keine ernsthafte Dating-Plattform», sagt Sibylle Gambini am nächsten Morgen. Gerade in ihrer Altersgruppe sei das Verhältnis zwischen Männern und Frauen bei eins zu drei gelegen. Dennoch findet sie den Anlass wiederholenswert. «Vielleicht kommen die Männer ja noch raus aus ihren Häusern.»

Klaus Trottmann wiederum berichtet: Er habe tatsächlich einen Namen angekreuzt auf der Liste, die man ausfüllen konnte, um mitzuteilen, dass man jemanden besser kennenlernen möchte. Wenn die eine seinen Namen auch gewählt hat, werden beide bald die nötigen Kontakt­daten erhalten. Trottmann fügt an: «Ich habe mich zumindest schon aufs Sprungbrett gewagt.»

«Mir wurde bewusst: Irgendwann muss du raus aus deinem Schnecken­haus.»

Klaus Trottmann

Kirchliche Trauungen

Nur noch 3 von 10 reformierten Paaren heirateten 2015 auch kirchlich. In der Sta­tistik des Schweizerischen Pastoralso­ziologischen Instituts wurden Paare erfasst, bei denen mindestens ein Teil reformiertes Kirchenmitglied ist. Im Kanton Zürich fanden 2016 insgesamt 684 reformierte Trauungen statt, 1970 waren es noch 3500.

«Ich finde es gut, wenn die Kirche offen und unkonventionell auf die Leute zugeht».

Sibylle Gambini