«Paulus schrieb an die Irokesen: Euch schreib ich nicht, lernt erst mal lesen.» Für viele Menschen meiner Generation bedeuten die Nonsens-Zweizeiler des deutschen Komikers Otto Waalkes – beziehungsweise seines virtuosen Gag-Schreibers, des Schriftstellers Robert Gernhardt – den ersten Kontakt mit dem urchristlichen Apostel. Mit jenem eifrigen Konvertiten, der die antike Welt mit seinen Missionsbriefen veränderte. Paulus von Tarsus als eine Witzfigur? Mitnichten! Aber er ist eine derart facettenreiche Persönlichkeit, dass man sich ihr durchaus über Comedy und Comic nähern kann – oder über eine Fotostory, wie sie «reformiert.» entworfen hat. Sie basiert auf Bildern aus dem Film «Die Bibel: Paulus», den der Regisseur Roger Young 2001 gedreht hat.
Schillernd. Paulus selber schlüpfte in seinem zweiten Brief an die Christen von Korinth in die Rolle eines «Narrenredners», als er die Botschaft, die ihm so wichtig war, mit Ironie verkündete. Paulus war ohne Zweifel schon nach den Massstäben seiner Zeit eine schillernde, umstrittene Figur. Aber ihm kommt das Verdienst zu, einer wenig beachteten jüdischen Sekte den Weg zur globalen Bewegung geebnet zu haben. Ohne den als arrogant, hochmütig und frauenfeindlich verschrienen Paulus hätte das Christentum kaum ein Imperium wie das Römische Reich erobert. Es wäre eine Randnotiz der nahöstlichen Regionalgeschichte geblieben. Und wir würden heute nicht die Auferstehung des Wanderpredigers Jesus nach dessen Foltertod am Kreuz als wichtigstes christliches Fest feiern.
Theologisch. Paulus verkündete die Ereignisse nicht nur, sondern er legte sie aus. Er lehrte, dass Jesus durch sein Sterben die Menschen erlöst habe, und dass auch ihnen durch ihren Glauben die Auferstehung gewiss sei. Und zwar nicht allein den Juden, sondern allen Menschen, die an das Heilsgeschehen glauben. Als «Theologia crucis», als «Theologie des Kreuzes», war die paulinische Botschaft auch prägend für Reformator Martin Luther – und schrieb so erneut Weltgeschichte.