Seismografen der Gesellschaft

Kommentar

Spirituelle Verbundenheit und gelebte Solidarität mit bedrängten Christen weltweit ist eine wichtige Aufgabe der Kirche. Sie vertieft keine religiösen Gräben. Im Gegenteil.

Christliches Leben ist gefährdet. In Nigeria, Syrien, Pakistan, im Irak. Die Solidarität mit Glaubensgeschwistern und die Hilfe für bedrängte Gemeinden sind zentrale Aufgaben der Kirche. Deshalb war die Konferenz, die der Ökumenische Rat der Kirchen und die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz organisierten, wichtig. Sie zeigte, was aus den Schlagzeilen verschwand: In Bergkarabach droht die christliche Präsenz ausgelöscht zu werden.

Hoffnung auf Gerechtigkeit

Die Vertreibung der Christen aus Bergkarabach fügt sich ein in die schmerzhafte Geschichte, die Armenierinnen und Armenier über Generationen erleiden mussten. Zu hören, wie sie in der Diaspora ihre religiöse Identität bewahren und an der Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit festhalten, beeindruckt.

Der Einsatz armenischer Gemeinden über Konfessionsgrenzen hinweg für andere religiöse und ethnische Minderheiten berührt zutiefst und inspiriert. So wirkt etwa jene kleine evangelische Gemeinde im von Krisen gezeichneten Libanon, mit der das kirchliche Hilfswerk Heks zusammenarbeitet, weit über die eigene Gemeinschaft hinaus.   

Für Vielfalt und Freiheit

Wer Christen, die unter Repression und Verfolgung leiden, unterstützt, vertieft keine religiösen Gräben. Im Gegenteil. Intelligente Hilfe belässt es ohnehin nicht beim Wiederaufbau oder dem Erhalt von Kirchengebäuden. Vielmehr stärkt sie die Rolle, die christliche Gemeinden in Diakonie und Bildung in der Zivilgesellschaft vielerorts spielen.

So werden spirituelle Verbundenheit und gelebte Solidarität zum Engagement für Vielfalt, Demokratisierung und Religionsfreiheit. Minderheiten sind Seismografen für den Zustand der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in einer Gesellschaft. Das gilt für die christlichen Gemeinden, die unter dem Druck der Staatsmacht und der Mehrheitsgesellschaft stehen, ebenso wie für religiöse Minderheiten in der Schweiz.